Südafrikas Politik bleibt sexuell ungezügelt

Exvizepräsident Jacob Zuma vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Der ANC-Politiker hatte zugegeben, mit einer Bekannten Sex gehabt zu haben – angeblich freiwillig. Jetzt folgt der nächste Prozess, wegen Korruption

JOHANNESBURG taz ■ Jacob Zuma ist unschuldig. Ein Gericht in Johannesburg sprach den einstigen Vizepräsidenten Südafrikas gestern vom Vorwurf der Vergewaltigung frei. Tausende jubelnder Anhänger des ANC-Politikers feierten vor dem Gerichtsgebäude den Freispruch.

Doch die Saga Jacob Zuma, die Südafrika in den vergangenen zwei Monaten des Prozesses täglich mit Einzelheiten aus dem Sexleben der Klägerin und des Exvizepräsidenten überschüttete, ist mit dem Freispruch noch lange nicht zu Ende. Der 63-jährige ANC-Politiker hat sich im Juli erneut vor Gericht zu verantworten. Schwere Anschuldigungen gegen Zuma, in eine Korruptionsaffäre verwickelt zu sein, hatten im Juni 2005 Präsident Thabo Mbeki veranlasst, Zuma als Vizepräsidenten zu feuern. Als ob damit seine Karriere nicht schon genug geschädigt wäre, tauchten einige Monate später die Vorwürfe der Vergewaltigung auf: Eine 31-jährige Freundin der Familie sagte, sie sei in Zumas Haus in der Nacht des 2. November vom Vizepräsidenten überfallen worden. Das brachte Zuma vor Gericht.

Zuma hatte zunächst die Vorwürfe bestritten, dann später erklärt, übereinstimmend Sex mit der Klägerin gehabt zu haben. Doch die junge Aids-infizierte Frau behauptet, sie sei überrascht gewesen, als Zuma nachts in ihrem Gästeschlafzimmer auftauchte. Obwohl sie „nein“ sagte, habe der Politiker sie missbraucht. Der Richter sagte dazu, die Version Zumas sei „wahrscheinlich“ richtig.

Zuma gab auch zu, kein Kondom benutzt zu haben. Er habe aber nach dem Geschlechtsverkehr geduscht, um das Risiko einer Ansteckung mit dem HI-Virus zu verringern. Statt eines Vorbildes gab Zuma damit eher Anlass zu Spekulationen um seinen HIV-Status, den er als negativ bekannt gab. Ein tiefer Fall für den Politiker, der einst ein Regierungsprogramm zur „moralischen Regeneration“ leitete.

Aus Sicht von Frauengruppen gab der Verlauf des Prozesses ein entmutigendes Signal an Opfer von sexueller Gewalt in Südafrika. Die Verteidigung konzentrierte sich auf den Kleidungsstil des Opfers, der angeblich zu Sex einladen sollte, und auf ihre vorherige Sexualgeschichte. Das ließ sie in wenig glaubhaftem Licht erscheinen, da die bekennende Lesbe bereits mehrfach Anschuldigungen gegen Männer wegen Vergewaltigung gemacht hat. Zeugen sagten, diese Anschuldigungen seien falsch; Gutachter behaupteten, die 31-Jährige habe sich nach dem Vorfall nicht „opfertypisch“ verhalten.

Die Beziehung zwischen Zuma und der Klägerin geht auf alte Familienbindungen zurück, die bereits im Exil entstanden waren. Sie nannte ihn angeblich „uMalume“ – Onkel. Aber während der Verhandlungen musste sie aus Angst um ihr Leben vermummt und von Sicherheitskräften umringt ins Gericht geleitet werden. Jacob Zuma dagegen fuhr mit Blaulicht vor, und seine Scharen von Anhängern, hauptsächlich aus der ANC-Jugendliga, tanzten und jubelten zur Unterstützung. Sie gingen so weit, Bilder der Klägerin vor dem Gericht zu verbrennen. Bei der Jugendliga hält sich der Glaube, Jacob Zuma falle einer parteiinternen Verschwörung zum Opfer. MARTINA SCHWIKOWSKI