Rüttgers wirbt für RAG

Der Hauptsponsor der Ruhrfestspiele in Recklinghausen schaltet eine ganze Seite Werbung. NRW-Ministerpräsident, Regierungsmitglieder und der DGB-Chef werben damit unfreiwillig für die RAG

VON PETER ORTMANN

Die NRW-Landesregierung wirbt in der Bild-Zeitung für den Essener RAG Konzern. Eine ganze Seite spendierte dort die ehemalige Ruhrkohle AG den gerade stattfindenden Ruhrfestspielen in Recklinghausen. Der Konzern ist dort der Hauptsponsor. „Wir haben keine Anzeige geschaltet, sondern eine redaktionelle Sonderseite gestalten lassen“, bestätigt Inken Ostermann von der RAG-Marketing. Die müsse allerdings wie eine Anzeige bezahlt werden.

In der Boulevard-Zeitung wirkt die verkaufte Seite wie eine redaktionelle Berichterstattung über das Kulturfest am grünen Hügel, allerdings ohne Autorennamen. Die Selbstdarstellung des RAG-Konzern geschieht durch die Hintertür: Ein redaktioneller Beitrag beschreibt die Verhüllungs-Aktion des Künstlers Otmar Alt an der Essener Konzernzentrale. In einem anderen übernimmt die RAG kurzerhand die „Verantwortung“ für die Menschen im Revier, lobt die eigene Arbeit vor Ort. Dazu wird unter dem Titel „Hollywood im Ruhrgebiet“ auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) interviewt, der die Ruhrfestspiele „kein bischen verstaubt“ findet und den Publikums-Erfolg dem Intendanten Frank Hoffmann zuschreibt, der das Festival vor zwei Jahren auf Wunsch der Gesellschafter Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) und Stadt Recklinghausen vom ungeliebten Berliner Regiestar Frank Castorf übernahm.

Die Bild-Zeitung hat die Seite zweimal ordnungsgemäß als Anzeige gekennzeichnet, doch die Aufmachung sieht den gewohnten bunten Seiten so ähnlich, dass es die Werbung sogar bis in die tägliche „Presseschau Nordrhein-Westfalen“ des Presse- und Informationsamtes der Landesregierung schaffte. Für die Zusammenschau der Tagespresse schnippelte man die Zentimeter große Zeile mit der Kenntlichmachung als Werbung einfach ab und fiel so auf den einfachen Marketing-Trick der RAG herein (taz berichtete gestern).

Die Frage stellt sich, ob Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der ebenfalls abgebildete Chef der Staatskanzlei, Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff oder NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke vorher gefragt wurden, ob sie Werbeträger für die RAG werden wollen. „Davon gehe ich aus“, sagt RAG-Marketingfrau Ostermann. Doch so war es nicht. Alle drei sind weder gefragt, noch über die Sonderseite informiert worden. Sie hätten auch nicht bewusst für die RAG werben wollen. Das ließ die NRW-Staatskanzlei auf Anfrage der taz erklären.

Auch scheint die Landesregierung nicht glücklich zu sein mit der werbewirksamen Kulturförderung, die der RAG Konzern da in Eigenregie für die Ruhrfestspiele lanciert hat. Auf die Anfrage, ob diese gekaufte Seite in der Bild-Zeitung der richtige Weg zur Kultur-Förderung in Nordrhein-Westfalen sei, antwortete der stellvertretende Regierungssprecher Holger Schlienkamp mit einem schlichten „Nein“.