pro: den Neuen nicht von vornherein verhauen
: Intendanten als Prügelknaben

Mit seinen Theaterindendanten ist Bremen noch nie gut umgegangen. Immer wieder müssen sie als Hau-den-Lukas herhalten, wobei die Schläge aus den verschiedensten Richtungen kommen. Emblematisch für diese wenig wertschätzende Haltung ist der Rauswurf Kurt Hübners 1973, mit dem sich die Stadt für Jahrzehnte einen Platz im Guiness-Buch der Kleingeistigkeit gesichert hat. Der Umgang mit Klaus Pierwoß ist auch nicht viel besser. Ihm aus der Vorlage der Finanzierungskrise des Theaters einen derart bitteren Abgang zu bereiten, ist angesichts der Vielzahl der an ihr Beteiligten mehr als unfair. Zumal Pierwoß sich – und seine Angestellten! – jahrelang extrem gefordert hat, um aus dem Theater das Maximale herauszuholen.

Trotzdem ist es billig, die Wut über die Desavouierung des Theaters und seines Leiters am Nachfolger auszulassen. Natürlich bietet er sich, der vermeintliche CDU-Liebling und wirtschaftsaffine Kulturmanager, als Zielscheibe an – diesmal für die über den Umgang mit dem Theater entsetzte Szene. Aber auch Frey hat auf und vor der Bühne künstlerisch gearbeitet, und gerade erst mit „Dead Man Walking“ bewiesen, was für hochwertige Produktionen unter seiner Verantwortung zu Stande kommen können. Was letztlich wichtiger ist als die – gar nicht unrelevante – Frage „En bloc“- oder Repertoirebetrieb.

Sicher stößt Frey jetzt Vielen vor den Kopf. Bei der „Umbenennung“ des Theaters durch den Zusatz „Internationales Kulturforum“ wittern viele ein „Wirtschaftsforum“ – dem Frey ja tatsächlich vorsitzt. Und wenn er sagt, dort sei künftig auch Platz für Aktionärsversammlungen, wird die Stimmung nicht besser. Aber: Frey startet unter gänzlich anderen Voraussetzungen als sein Vorgänger. Pierwoß konnte auf den Konditionen eines Vertrages beharren, den er 1994 mit der grünen Senatorin Trüpel theaterfreundlich aushandeln konnte. Die Eckdaten von Freys Arbeit diktiert hingegen der Christdemokrat Kastendiek, der wiederum das 4,5 Millionen Euro Theater-Defizit als „Argumentationshilfe“ hatte.

Im übrigen hat auch Pierwoß das Theater für das Stadtsäckel billiger gemacht. Auch Pierwoß ist ein guter Sponsoringaquisiteur. Man sollte sich vor dem ökonomischen Wortgeklingel seines Nachfolgers nicht die Ohren verstopfen lassen – möglicherweise war das Einstellungsvoraussetzung. Was auf der Bühne passiert, bleibt abzuwarten.

Henning Bleyl (taz Bremen)