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TREFFEN MIT JOSÉ CARRERASUnter der Dusche

Das übliche Stadion- grölen ist schlecht für die Stimme

Am Dinnertisch des Restaurants in Mitte sitzt José Carreras, Tenor, FC Barcelona-Fan, Überlebender, Wohltäter, und feiert mit uns das 25-jährige Bestehen seiner Leukämiestiftung. Und wer denkt, dass ein Mann, dessen Stimme die Met, die Scala und das Royal Opera House füllte, auch beim Wein-Nachordern die Wände zum Wackeln bringen will, der irrt: Carreras ist ein entspannter Pate mit einem jugendlichen Gesicht, weißem Haar und braunen Knopfaugen.

Beim Interview hat er erzählt, dass er tatsächlich manchmal morgens unter der Dusche singt. Die Vorstellung, wie er das Duschgel mit „La donna e mobile“ anschmettert, ist herrlich. Außerdem hat er über Fußball geredet und darüber, dass er das übliche Stadiongrölen lieber unterlässt, weil es schlecht für die Stimme ist. Stattdessen johle er etwas differenzierter, sagt er. Wahrscheinlich hebt es die gesamte Barca-Kurve aus den Rängen, wenn er mit seinem Pinto-Tenor ein melodisches, eingestrichenes „Gooooooool!“ flötet.

Der Wunsch, Opernsänger zu werden, sei durch den Film „Der große Caruso“ mit Mario Lanza entstanden. Carreras war sechs, als er ihn sah. Er habe fortan nur noch gesungen, und irgendwann hätten seine Eltern, die wenig mit klassischer Musik am Hut hatten, ihn endlich auf das Konservatorium geschickt.

Auf die Frage, wie viel Talent in einem Kind stecken muss und wie viel Technik erlernbar ist (mir fällt immer diese Kerzenübung ein, die OpernsängerInnen angeblich machen müssen und bei der man lernt, beim Singen keine Luft auszustoßen, ich selbst lösche allein beim Sprechen baumstammdicke katholische Opferkerzen), lacht er: „Man kann doch nicht lernen, ein Pavarotti zu sein!“ Nach dem Essen wollen wir ihn eigentlich bitten, einmal gegen die Teekerze zu singen, trauen uns aber nicht. Stattdessen versuche ich später zu Hause, die Sektflasche kaputtzusingen. Mit Erfolg. JENNI ZYLKA

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