Familienshow

Der Familientag verlief ganz nach Gusto von Ministerin von der Leyen

Eine Margarinefirma lud Kinder zu Vollkornbrot und Tomatenscheiben

AUS BERLIN BARBARA DRIBBUSCH
UND ANJA DILK

Die Idee hört sich gut an: eine „Kinderbetreuung in Notfallsituationen“ bietet der „Treffpunkt Tagesmütter-Kinderbrücke“ in Wiesbaden an. Die Schnellvermittlung von Tagesmüttern sorgt für Ersatz, wenn Eltern sich melden, deren aktuelle Betreuungsperson krank geworden ist. „Aber das Wohl des Kindes geht vor. Zuerst versuchen wir deshalb, Lösungen mit vertrauten Personen wie Nachbarn oder Freunden zu finden“, sagt Gabriele Bootz vom Treffpunkt.

Das Wiesbadener Projekt gehört zur Initiative „Lokale Bündnisse für Familie“, der aktuellen PR-Offensive von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Dutzende dieser Bündnisse präsentierten sich gestern mit Infoständen auf der Museumsinsel in Berlin. Die Veranstaltung sollte den gestrigen „Ersten Deutschen Familientag“ begleiten, der von der Ministerin erstmals ausgerufen worden war. Der Tag ist die deutsche Version des „Internationalen Tages der Familie“, der seit 1994 jeweils am 15. Mai über die Bühne geht und auf einer Entschließung der UN-Vollversammlung fußt.

In den 300 „lokalen Bündnissen“ finden sich nicht immer brandneue Ideen. Manchmal werden auch länger bestehende Initiativen der Kommunen wie Rabatthefte für Familien, Vermittlung für ehrenamtliche Kinderbetreuer oder Sprachkurse für Migrantenfamilien in neuen Internetportalen zusammengefasst.

Im nordrhein-westfälischen Kleve beispielsweise gehört zum „Bündnis“ eine Kooperation mit den Krankenkassen zur Förderung gesunder Ernährung, „Pausenbrot macht Schule“. Im ostfriesischen Leer haben sich berufserfahrene „Paten“ gemeldet, die Jugendliche beim Übergang von der Schule zu einem Ausbildungsplatz beraten wollen. Im badischen Ortenau bietet eine „Naturschule“ Übernachtungen auf einer Bergwiese und Klettertouren für Schulklassen an. An den lokalen Initiativen beteiligen sich rund 1.200 Unternehmen.

Vom neuen Label „Lokales Bündnis“ (www.lokale-buendnisse-fuer-familie.de) für diese örtlichen Aktivitäten erhofft sich Ministerin von der Leyen eine „Wegmarke, die den Aufbruch in der Familienpolitik eindrucksvoll markiert“. Sponsoring ist ausdrücklich gewollt: Auf dem Familientag warben unter anderem ein Spielzeugversand, ein Waschmittelproduzenten und Kosmetikhersteller für sich selbst und eine familienfreundlichere Umwelt. Eine Margarinefirma lud zwei Dutzend Kinder an sonnengelb gedeckten Tafeln zu Vollkornbrot, Käse und Tomatenscheiben.

Einer Ministerin, die das Elterngeld einführt, gleichzeitig aber das Erziehungsgeld für Arme abschafft, begegnete die Linkspartei am Deutschen Familientag“ kritisch: „Der erste Deutsche Familientag sollte keine heile Welt vorgaukeln“, rügte die Vorsitzende der brandenburgischen Linkspartei, Kerstin Kaiser, die sich gegen Kürzungen beim Kindergeld wandte.

Von manchen Bündnis-Teilnehmern war auch zu hören, dass Kirchen und Wohlfahrtsverbände bereits viele Angebote für Familien bereithielten und angesichts der neuen Konkurrenz misstrauisch seien.

Vielerorts lösen die Eltern organisatorische Probleme ohnehin erstaunlich selbstständig – oder die Angebote sind noch nicht bekannt genug: So meldeten sich bei der Vermittlung von Nottagesmüttern in Wiesbaden im April bislang weniger als ein halbes Dutzend Anrufer.