Früh hilft, was nützen soll

Senat baut Familienhebammenprojekt aus, um Überforderung junger Mütter zu begegnen. Opposition und Kinderschutzbund finden Maßnahme halbherzig – auch weil dafür Geld bei der Aidshilfe abgezogen wird

Hamburg bekommt sechs neue Familienhebammenprojekte: In Altona-Altstadt, Lohbrügge, Billstedt, Veddel, Jenfeld und Wilhelmsburg wird je eine Hebamme eingesetzt, die Eltern im ersten Jahr nach der Geburt ihres Kindes betreuen soll. 122.000 Euro stehen dafür bereit. Das hat der Senat gestern beschlossen – und damit abgenickt, was die Sozialbehörde längst bekannt gegeben hatte. Weit zurück bleibt die Planung hinter den Erwartungen des Hamburger Kinderschutzbundes: Der hatte angeraten, in jedem Ortsteil Familienhebammen einzusetzen.

Bislang gibt es sieben solcher Projekte in der Stadt. Ihr Ziel ist es, junge Mütter zu unterstützen, die mit der Erziehung eines Kindes überfordert sein könnten. Ihnen soll von dessen Geburt an dabei geholfen werden, eine positive Beziehung zu ihrem Baby aufzubauen. „Es muss keine Vernachlässigung geben, wenn wir die Familien rechtzeitig positiv erreichen“, so der Geschäftsführer des Kinderschutzbundes, Uwe Hinrichs, zur taz. Er sprach sich für einen „flächendeckenden Ausbau“ aus. Unter Fachleuten gelten Familienhebammen auch deshalb als wegweisend, weil sich Mütter, die schon früh Zugang zum Hilfesystem hatten, auch später eher trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Umso größer die Enttäuschung über den gestrigen Senatsbeschluss. Die SPD-Familienpolitikerin Carola Veit kritisierte umgehend, dass der Senat nur vollziehe, was er bereits vor einem Jahr vollmudig angekündigt hatte. „Die Senatorin weiß selbst, dass der Bedarf in der Stadt viel größer ist“, hielt Veit Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) vor. Die aktuelle Maßnahme findet sie unterdimensioniert – und zudem auf fatale Weise finanziert: Rund 42.000 Euro stammen nach SPD-Informationen aus dem Topf der Aidshilfe Hamburg. Veit: „Diese Umverteilung ist vor dem Hintergrund des starken Anstieges der HIV-Neuinfektionen um rund 30 Prozent im vergangenen Jahr nicht zu verantworten.“

Gesundheitsbehördensprecher Hartmut Stienen bestätigte, dass die genannte Summe aus „dem Gesundheitsbereich“ stamme. Weitere 30.000 Euro kommen aus dem Topf der Sozialbehörde, der übrige Betrag wird von den Bezirksämtern finanziert. Laut Schnieder-Jastram können künftig an die 500 Familien pro Jahr betreut werden – bei rund 10.000 Neugeborenen in der Stadt. Elke Spanner