Spontandemo nach Übergriff

Nach dem vermutlich rassistischen Überfall auf einen Italiener demonstrieren in Prenzlauer Berg rund 500 Menschen gegen rechte Gewalt. Die Polizei ermittelt in dem Fall inzwischen in alle Richtungen

VON KAYS Al-KHANAK

Die Reaktion kam schnell: Gut 40 Stunden nach dem vermutlich rassistischen Übergriff auf einen Italiener in Prenzlauer Berg demonstrierten am Montagabend dort rund 500 Menschen gegen Neonazis und rechte Gewalt. Man wolle „Präsenz zeigen gegen rechts“, sagte David Wichera, einer der Organisatoren der Demo. Der 30-jährige Italiener war nach Polizeiangaben am Sonntagmorgen auf der Schönhauser Allee von drei kahlköpfigen Männern mit einem Baseballschläger zusammengeschlagen worden. Er musste im Krankenhaus behandelt werden.

In einem Bericht des Tagesspiegels wird diese Darstellung jedoch angezweifelt – unter Berufung auf Berliner Ermittler. Bei einer ersten Befragung durch die Bundespolizei soll der verletzte Italiener im Krankenhaus ausgesagt haben, dass er sich auf dem Heimweg von der Arbeit mit einem Unbekannten geprügelt habe. In einer zweiten Vernehmung habe er dann von drei schwarz gekleideten Männern mit kahlem Schädel berichtet. Zudem sei er erst am S-Bahnhof Alexanderplatz gefunden worden, schreibt die Zeitung. Er habe betrunken und verletzt vor einem Fahrstuhl gelegen. Wie er trotz seiner Knieverletzung dorthin kommen konnte, sei unklar.

„Davon wissen wir nichts“, wies eine Polizeisprecherin diese Darstellung auf Anfrage der taz zurück. Man ermittle zurzeit in alle Richtungen. Weitergehende Aussagen, etwa zum genauen Hergang der Tat, gab es gestern von der Polizei nicht.

Zu der spontanen Demo hatten Antifa-Gruppen, die Linkspartei.PDS sowie DGB und IG Metall aufgerufen. Der Protestzug zog vom S-Bahnhof Schönhauser Allee über die Prenzlauer Allee zum Bezirksamt Pankow in der Fröbelstraße. Viele trugen T-Shirts mit Aufschriften wie „Kein Mensch ist illegal“ oder auch Punksprüchen wie „Pogorausch“, die meisten Teilnehmer waren junge Menschen unter 30. Sie riefen Sprüche wie „Nazis von der Straße fegen“.

Bekannt gemacht wurde die Demo vor allem via SMS. „Ich finde es krass, dass so viele Menschen gekommen sind“, sagte Mitorganisator Wichera sichtlich überrascht. Er habe mit rund 100 Protestierenden gerechnet. Der 22-Jährige, der Sozialarbeit studiert, bezeichnete sich selbst als Unabhängigen – er gehöre weder PDS noch Antifa oder einer Gewerkschaft an. „Als ich von dem Überfall gelesen hatte, musste ich aktiv werden“, begründete er seine Beweggründe, für die Demo zu mobilisieren.

Auch für PDS-Mitglied André Buhl ist Flaggezeigen wichtig. „Wir müssen klarstellen, dass wir keine Rechten hier dulden“, sagte der 28-Jährige. Dies sei wichtig in Zeiten, in denen sich Neonazis immer mehr Raum in der Stadt verschaffen würden.