eulen aus athen (2)
: Zu krass auf Sturm geschaltet

Texas Lightning proben fürs Finale

Das kennt man nicht. Fans, Journalisten, TV-Techniker bekennen ungefragt: „Diesmal seid ihr Deutschen dran“, „Könnte gewinnen“ oder „Bester Song seit Jahren“. Gemeint sind Texas Lightning mit Jane Comerford als Frontlady. Und der „Grand Prix Eurovision“. Oder, moderner, der „Eurovision Song Contest“.

Das ist, wenn man sich seiner Mittel sicher weiß – und plötzlich merkt, dass man keine Regionalsendung bestreitet, sondern vor 100 Millionen Zuschauern performen soll. Beim Empfang der Stadt Athen am Montagabend (ein Desaster an Party, die Musik zu laut, das Catering zu geizig, die Getränke lauwarm) sagte ein Ire, Mitglied des Fernsehsenders RTE, in seiner Prognose sattelfest: „Osteuropa hat Deutschland wohl endlich den Krieg verziehen. Jetzt kann es gewinnen. Viel Glück!“

Nicoles Sieg 1982 war ja noch einer gegen mögliche antideutsche Gefühle, weil Osteuropa noch hinterm Eisernen Eurovisions-Vorhang unsichtbar blieb. Die fünf Texas-Lightning-Fellows sollen freilich all dies nicht wissen; dass man die Deutschen als endgültig postweltkriegerisch anerkennen möchte. Sie könnten also echt siegen? Olli Dittrich, Jon Flemming Olsen und Ms Comerford scheinen angespannt genug, sie sollen weiterhin Athen als Bandausflug mit Familienausflug verstehen und keine Bürde tragen müssen, das macht nervös. Der Wettbewerb hat schon ganz andere Künstler erschüttert, Cliff Richard früher oder fast alle Deutschen, die immer die Welt gegen sich empfanden, wenn man ihnen nicht genug Beifall zollte. Jedenfalls, das sei festgehalten, die erste Probe von Texas Lightning lief ja glatt und schön, die grünen Kunstkakteen standen auf der Bühne auch schon am vorgesehenen Platz. Vielleicht war die Windmaschine, mit der Ms Comerfords Tüllrock in den richtigen Schwung gebracht werden soll, noch etwas zu krass auf Sturm geschaltet, vielleicht noch vom Vortag, als die Schwedin Carola (anderthalb Liter Haarspray auf dem Kopf, schönes Haar war ihr nicht gegeben) zu proben hatte. Bei der Pressekonferenz haben Texas Lightning ihr Lied „No, No Never“ in einer Alexis-Zorbas-Version angestimmt, den Text auf Griechisch. Perfekt, die Gastgeber klatschten. JAN FEDDERSEN