Kraftakt: 93 Lehrer weniger

Bildungssenator Willi Lemke (SPD) will 93 Lehrerstellen streichen und Klassenstärke erhöhen. Krankheitvertretung nur noch durch Honorarkräfte. Grüne geißeln das als verantwortlungslos

Die Bremer Schulen müssen 2006/2007 mit real 93 Lehrerstellen weniger auskommen als im laufenden Schuljahr – und das bei gleichbleibenden Schülerzahlen. Das geht aus einem Papier des Bildungsressorts hervor, das die Bildungsdeputation der Stadtbürgerschaft heute diskutiert.

Hintergrund ist das so genannte Personal-Einspar-Programm (PEP) des Senats, das nun auch für den Bildungsbereich gelten soll. 1,7 Prozent weniger Stellen, lautet die Vorgabe. Und Bildungssenator Willi Lemke (SPD) verteilte die Kürzungszwänge einigermaßen gleichmäßig auf die verschiedenen Problemgruppen.

Grundschulen, Förderzentren und Schulen der Sekundarstufe I etwa bekommen bisher noch pauschal etwas mehr Lehrerstunden zugewiesen, als für den normalen Unterricht nötig sind – als Reserve für Krankheitsvertretungen. Über die ganze Stadt verteilt macht das 30 Stellen, die künftig wegfallen. Stattdessen sollen die Schulen Honorarmittel bekommen, um im Krankheitsfall Vertretungskräfte auf dem freien Markt anzuheuern. Dies sei billiger und flexibler, wirbt das Bildungsressort. Der Verein Stadtteilschule, der Schulen bereits seit Jahren Kurzzeit-LehrerInnen vermittelt, stellt bei Bedarf allerdings auch unausgebildete Lehrkräfte ein – Studien-Absolventen etwa, die auf einen Referendariatsplatz warten.

Wegfallen sollen weiter zwölf Stellen „pädagogischer Schulassistenten“ und sechs aus dem „Sonderbedarf Fördern / Sozialstrukturbedarf“. Ersatzweise sollen Schulen dafür Projektmittel für „sozialintegrative Maßnahmen in der Sekundarstufe I“ beantragen können.

Auch die Klassengröße will Lemke erhöhen: In den Grundschulen sollen statt 22 künftig durchschnittlich 23 SchülerInnen in einer Klasse sitzen. Weiter reduziert wird daneben die Sonderausstattung der traditionellen Gesamtschulen Ost und West. Und schließlich sollen noch bei der Förderung von Kindern, die im Krankenhaus liegen oder krankheitsbedingt über längere Zeit zu Hause bleiben müssen, zwei Lehrerstellen eingespart werden. Fazit der komplizierten Berechnungen: Für die in Pension gehenden LehrerInnen müssen nur noch 110 neue eingestellt werden, insgesamt 75 Lehrerstellen werden weggespart.

Die Grünen befürchten angesichts dessen einen zunehmenden Unterrichtsausfall: „Wenn die Kürzungspläne des Senators bei den Lehrerstunden umgesetzt werden, kommt es zu drastischen Verschlechterungen in den Schulen“, kritisiert die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Anja Stahmann. Die von der großen Koalition versprochene Kraftanstrengung im Bildungsbereich enttarne sich als „potemkinsches Dorf“.

Den Schulen Geld für so genannte „Feuerwehrkräfte“ zur Verfügung zu stellen, lehnt Stahmann ab. Unterrichtsausfälle seien schon heute an der Tagesordnung. Angesichts dieser Situation sei es unverantwortlich, keine Reserven für Vertretungen einzuplanen. „Dafür muss Fachpersonal zur Verfügung stehen“, betont Stahmann: „Auch Werder Bremen braucht Profis auf der Ersatzbank.“ Verschiendene Schulen haben gegen die Kürzungsplanungen schon Protest angemeldet. „Angesichts der PISA-Defizite müssen die Alarmglocken schrillen“, sagt Stahmann.

Das Bildungsressort wies die Vorwürfe gestern zurück. „Wir sparen nicht beim Unterricht ein, sondern bei den Betreuungsaktivitäten“, sagte Sprecher Rainer Gausepohl. Für reine Betreuungsaufgaben würde auch Werder keine Bundesligaprofis einsetzen. Und als Krankheitsvertretung würden auch nach dem neuen Modell nur „Leute, die entsprechend qualifiziert sind“, eingestellt.

Die CDU kritisierte die geplanten Kürzungen bei den Förderzentren. Die Kinder dort seien auf feste Bezugspersonen angewiesen, „da kann man nicht einfach irgendwelche Leute hinschicken“, sagte der bildungspolitische Sprecher Claas Rohmeyer. Dass nun auch im Bildungsbereich Personal gekürzt werde, findet er allerdings unvermeidlich: „Es wäre schön gewesen, wenn es anders gegangen wäre.“

kawe/sim