HERMANN JOSEF TENHAGEN HAUSHALTSGELD
: Von Kopfkissen, Schließfächern und Anleihen

Wohin mit dem Bargeld? In Krisenzeiten wie diesen sind die Anleger misstrauisch oder leichtsinnig. Dabei kann es sehr hilfreich sein, einfach mal kurz innezuhalten und nachzudenken

Der alte Herr traute weder Bankiers noch Politikern über den Weg. Demnächst komme ganz sicher eine neue Währung, sagte er, bis dahin sei sein Geld auf der Bank denkbar unsicher – ob er jetzt nicht lieber Goldbarren kaufen solle, um sein über Jahrzehnte Erspartes vor der Inflation zu retten.

Die Mikros im Radiostudio, in das ich eingeladen war, waren glücklicherweise ausgeschaltet. Der alte Herr hatte – inzwischen ahne ich so was – ein noch drängenderes Problem: nicht die große Inflation, nicht die Goldbarren, sondern einige zehntausend Euro, die er zu Hause gehortet hatte. Geld, „von dem niemand etwas weiß“.

Meine Aufgabe ist es, in solchen Momenten dafür zu sorgen, dass noch am selben Tag außer dem alten Herrn mindestens sein bester Freund etwas von dem Geld erfährt. Besser noch, dass der beste Freund gemeinsam mit dem älteren Herrn das Geld zur Bank bringt.

„Nirgendwo ist Ihr Geld unsicherer als unter Ihrem Kopfkissen“, erkläre ich dem Anrufer, solche Summen seien doch eine Einladung an Diebe. Im Safe der Bank hingegen sei die Summe vergleichsweise sicher, der beste Freund sei auch gegenüber unzuverlässigen Bankern ein guter Zeuge für die Hinterlegung des Gelds und der Frage nach dem richtigen Investment könne man sich dann immer noch widmen.

Im Osten, erklärte mir eine entsetzte Kollegin diese Woche, horten viele ältere Semester riesige Barschaften unterm Kopfkissen. Im Südwesten kämen sie mit dem Aktenkoffer voll Geld zum Makler und wollten eine Immobilie kaufen – sofort. Dem Banker trauen sie nicht mehr, aber dem Makler vertrauen sie ihr ganzes Geld an. Das nennt man Krise.

In Wochen wie diesen – und wir hatten in den letzten drei Jahren mehrere davon – geht es erst mal darum, die Menschen zum Innehalten zu bewegen. Innehalten und nachdenken. Wofür habe ich das Geld gespart, was wollte ich damit kaufen, wer sollte davon profitieren? Dann löst sich der Knoten im Gehirn: Ach ja, das Geld sollte einen schönen Lebensabend ermöglichen und Monat für Monat abgehoben werden können.

Am einfachsten könnte das Ersparte immer noch in eine gute Rentenversicherung eingezahlt werden – die zahlt dann lebenslang monatlich. Als Anzahlung für eine Immobilie hingegen wird das Geld erst später zum vielversprechenden Investment – erst wenn der Sparer die Hütte von innen und außen gesehen, Schule und Supermarkt in der Nähe inspiziert, den Mietspiegel studiert und einen solventen Mieter gefunden hat. Das Anlegen in Aktien geht zwar schneller, bleibt aber eine Daueraufgabe: die Firmen, deren Aktien man besitzt, ständig beobachten, Wirtschaftsteil lesen und im Internet surfen. Wenn’s allerdings nur darum geht, das Geld in Ruhe und ohne den geringsten Inflationsverlust ein paar Jahre zu parken, kann man es auch Papa Staat leihen. Die Staatsanleihe bringt eine Minirendite, aber immer eine höhere als die Inflation.

Bleibt die Gretchenfrage: Ist der Staat zuverlässiger als das Schließfach des älteren Herrn? Antwort: Wenn der eine nicht mehr funktioniert, sorgt auch niemand mehr für die Sicherheit des Schließfachs.

Der Autor ist Chefredakteur von Finanztest Foto: Karsten Thielker