Halbnackter Löwe zu unbeliebt

Der Hersteller des WM-Maskottchens Goleo ist insolvent. Teure Lizenz und geringe Verkaufszahlen gelten als Grund

BERLIN taz ■ Die Herstellerfirma Nici ist pleite – das von ihr vermarktete WM-Maskottchen Goleo wird aber weiter ausgeliefert. Anfang der Woche erklärte sich Nici zahlungsunfähig und hatte einen Insolvenzantrag gestellt. Der Grund: Der WM-Löwe, der keine Hose und nur ein Trikot und Schuhe trägt, ist offenbar unbeliebt. Das offizielle WM-Maskottchen verkaufe sich nicht so stark wie geplant, räumte auch ein Manager ein.

Neben den ausbleibenden Einnahmen sind aber wohl auch hohe Ausgaben für die Finanzprobleme der Firma verantwortlich: Laut Branchenkreisen soll Nici für die Goleo-Lizenz rund 28 Millionen Euro bezahlt haben. Die Lizenzgebühren für das Plüschtier kassiert das Münchner Merchandising-Unternehmen EM.TV.

Schon bei seiner Vorstellung Ende 2004 hatte Goleo mit seinem tumben Gesichtsausdruck und seiner heraushängenden Zunge viel Spott auf sich gezogen. Da half auch nicht, dass der Präsident des WM-Organisationskomitees Franz Beckenbauer Goleo als gut aussehenden, „netten Burschen“ und Sympathieträger anpries. Experten wie der Designer Erik Spiekermann, Dozent an der Kunsthochschule Bremen und Erfinder von VW- und Audi-Logo, halten die Figur dagegen für eine „absolute Katastrophe“. Auch bei einer Umfrage im vergangenen Mai wurde das Imageproblem deutlich: Es passe nicht zu Deutschland und sei wenig kreativ und modern, so das Ergebnis einer Befragung von 1.000 Personen zwischen 18 und 49 Jahren.

Dabei wurde Goleo von echten Profis auch der Kreativbranche kreiert. Die Jim Henson Company aus Los Angeles ist bekannt durch Charaktere wie Ernie und Bert oder den Frosch Kermit. Auch Goleo wurde als Charakterfigur konzipiert und kann als erstes WM-Maskottchen sprechen und sich bewegen. Die Erfinder erhofften sich davon eine besondere Fan-Bindung – und gute Absatzchancen.

Im oberfränkischen Altenkunstadt, wo die Plüschtiere hergestellt wurden, ist von dieser Hoffnung nicht viel geblieben. Der Insolvenzverwalter Michael Jaffe führt die Firma Nici, in der 560 Mitarbeiter beschäftigt sind, zunächst weiter. Das Management habe im Rahmen einer Überprüfung des Jahresabschlusses eine „erhebliche bilanzielle Unterdeckung“ festgestellt, teilte Jaffes Büro gestern mit. Der Nici-Vorstandschef und Firmengründer Ottmar Pfaff sei inzwischen seines Amtes enthoben. Ob das im Zusammenhang mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hof wegen Bilanzfälschung zu sehen sei, blieb gestern offen. CHRISTIAN HONNENS