Opfer will auspacken

Einem von der Ausländerbehörde bezahlten Mann drohen nun staatsanwaltliche Ermittlungen: Ein Zeuge will von seiner Tätigkeit als Menschenhändler berichten. Landespolitiker fordern Aufklärung

von ANNIKA JOERES
und NATALIE WIESMANN

Dem mutmaßlichen Menschenhändler N‘Faly Keita aus Guinea droht ein Ermittlungsverfahren. Er gehörte einer Delegation aus dem westafrikanischen Land an, die im März im Auftrag der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) in Dortmund Flüchtlinge als Landsmänner identifizieren sollte, um diese abschieben zu können. Die ZAB ist dem Innenministerium unterstellt und für die Rückführung der Flüchtlinge verantwortlich. Ein von Keita 2002 geschleuster Flüchtling will nun gegen ihn aussagen. Dies sagte Ursula Reimer von der „Interntaionalen Gesellschaft für Menschenrechte“ (IGFM) gestern zur taz. Sie hält engen Kontakt zu dem möglichen Zeugen.

Auch Ursula Reimer war Keita lange vor seiner Ankunft in Dortmund bekannt. Sie reiste bislang siebzehn Mal für mehrere Monate nach Guinea. „Keita ist bekannt als korrupter und brutaler Schleuser“. Sie habe jahrelang geschwiegen, um den politisch Verfolgten nicht den Fluchtweg zu versperren. Als Reimer hörte, dass Keita die Delegation anführen sollte, suchte sie Zeugen für seine Schleusertätigkeit. Viele sagten ab. „Sie haben furchtbare Angst.“ Keita soll enge Verbindungen zu den Sicherheitsbehörden in Guinea haben.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund ist auf Zeugen angewiesen: „Wir brauchen konkrete Hinweise auf die Schleuservergangenheit von Herrn Keita“, sagt Sprecherin Ina Holznagel. Aussagen, die anonym gegenüber Medien oder Menschenrechtsorganisationen getätigt wurden, genügten nicht, um Ermittlungen einzuleiten. Einer der Betroffenen oder sein Anwalt müsse aussagen, wann und wo er eingeschleust worden ist.

Die dubiose Delegation aus Guinea beschäftigt auch den Landtag. CDU-Innenexperte Theo Kruse und Monika Düker, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, fordern laut Welt Kompakt von Innenminister Ingo Wolf (FDP) eine Untersuchung der umstrittenen Verhöre. „Das kann man nicht auf die lange Bank schieben“, so Kruse. Seit Anfang April weiß Wolf vom Verdacht gegen Keita. Trotzdem sollen im Juni die von Keita identifizierten Guineer ausgeflogen werden.

Guinea gilt als gefährliches Land: Laut amnesty international werden politisch engagierte Bürger und Studenten immer wieder willkürlich festgenommen und vorübergehend in Gewahrsam genommen.

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