Gegen die Produktpiraten in Peking

„Wir finanzieren die Technologie, und China zeigt uns, wie man sie kopiert“, kritisiert CDU-Politiker Kampeter

PEKING taz ■ Einen bereits geplanten Chinabesuch hatte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel einst kurzfristig abgesagt. Jetzt kommt sie am Montag wirklich – als Kanzlerin. Besondere Ab- oder Zuneigungen gegenüber China werden ihr nicht nachgesagt. Um so spannender gestaltet sich ihre neue weltpolitische Vermittlerrolle: Nach Gesprächen in Washington und Moskau soll sie der chinesischen Regierung die westliche Haltung gegenüber dem Iran nahe bringen, nicht zuletzt im Auftrag von US-Präsident George W. Bush.

Auf bilateraler Ebene will Merkel an die Politik Gerhard Schröders anknüpfen. Anders als bei ihrem ersten Besuch in Moskau sucht sie in Peking keine Abgrenzung von ihrem Vorgänger. Auch für sie stehen die Wirtschaftsbeziehungen im Mittelpunkt. Ein Kulturprogramm – mit Ausnahme eines Kirchenbesuchs in Schanghai – ist nicht geplant. Dafür locken die Gastgeber mit dem Bau einer neuen Transrapidstrecke von Schanghai nach Hangzhou. Die Rede ist auch von einer Großlieferung deutscher Lokomotiven.

Einen deutschen Kotau soll es wegen solcher Zuckerstückchen aber nicht geben. Dafür will Merkel dem Thema Produktpiraterie in Peking Vorrang einräumen. „Das ist die Frage, die mir im Moment zu Hause am häufigsten begegnet“, sagte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kürzlich in Peking. Wenn ein Mittelständler auf einer Messe für Automobilzubehör sein Produkt plötzlich bei einem chinesischen Hersteller fände, sich aber keine 300.000 Dollar teure Wettbewerbsklage leisten könne, „dann treibt den das um“, meinte Koch.

Aus deutscher Sicht ist besonders der Maschinenbausektor betroffen, während Länder wie Italien und Frankreich ihre gefälschten Produkte meist auf chinesischen Modemärkten wiederfinden. Den deutschen Maschinenbauern drohen dabei deftige Schadenersatzklagen – etwa wenn in China gefälschte Bremsen zu Unfällen führen. Bisher konterte Peking, dass es mit dem Beitritt zur WTO bereits die internationalen Bestimmungen zum Schutz geistigen Eigentums anerkannt habe. Nur galt in China lange Zeit die inoffizielle Devise, Verletzungen dieses Eigentums zu tolerieren, um so schneller Anschluss an die Industrienationen zu bekommen.

Das könnte sich nun ändern. Denn China will selbst zum Hochtechnologieland aufsteigen. Bisher aber haben nur ein Prozent aller chinesischen Unternehmen ein Patent eingetragen. Deshalb glauben deutsche Diplomaten, dass die Verletzungen geistigen Eigentums inzwischen als Problem erkannt werden. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Steffen Kampeter bleibt gleichwohl skeptisch: „Wir finanzieren die Technologie, und China zeigt uns, wie man sie am besten kopiert“, meint Kampeter. Merkel solle das in Peking offen ansprechen. GEORG BLUME

JOHANN VOLLMER