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Moorfrosch oder Autobahn

HAFENQUERSPANGE Naturschutzbund will Bundesregierung gegen Pläne des schwarz-grünen Senats aktivieren. Ökologische Bedenken hatte GAL-Umweltsenatorin Hajduk eingeräumt

Die Hafenquerspange hat negative Auswirkungen auf seltene Lebensräume, Tiere und Pflanzen

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Ausgerechnet mit Hilfe zweier konservativer Bundesminister will der Hamburger Naturschutzbund (Nabu) die Hafenquerspange im Süden Wilhelmsburgs verhindern. In einem am Dienstag versendeten Schreiben werden Norbert Röttgen (Umwelt, CDU) und Peter Ramsauer (Verkehr, CSU) aufgefordert, kein Geld für das Projekt zur Verfügung zu stellen. Verfasser ist Hamburgs Nabu-Chef und GAL-Mitglied Alexander Porschke, der von 1997 bis 2001 selbst Umweltsenator im damaligen rot-grünen Senat war. Die aktuell geplante Süd-Variante der Hafenquerspange, kritisiert Porschke, „hat erhebliche negative Auswirkungen auf seltene Lebensräume und auf gefährdete Tiere und Pflanzen“.

In dem von der südlichen Trasse beeinflussten Gebiet kommen insgesamt 53 Pflanzenarten der Roten Listen vor, davon 44 Arten in Hamburg gefährdete oder stark gefährdete sowie neun bundesweit gefährdete oder stark gefährdete Pflanzen. Auch die Lebensräume des europaweit streng geschützten Moorfrosches sowie 82 Brutvogelarten, von denen zwölf gefährdet oder wie der Wachtelkönig vom Aussterben bedroht sind, würden durch die geplante Trasse zerstört.

Sechs mögliche Verläufe hatte der Senat untersuchen lassen, bevor er sich am 23. Februar für die 9,4 Kilometer lange Variante „Süd 1“ – die südlichste aller diskutierten Streckenführungen – entschied. Sie führt von der Autobahnabfahrt Stillhorn am Wilhelmsburger Süden vorbei, überquert die Süderelbe auf einer 800 Meter langen und mehr als 50 Meter hohen Brücke parallel zur Kattwyk-Brücke und führt dann südlich um Moorburg herum zur Autobahn 7, wo auch der Anschluss an die derzeit im Bau befindliche A 26 nach Stade geplant ist.

Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) hatte bei der Präsentation eingeräumt, dass diese Südtrasse „unter ökologischen Gesichtspunkten wie dem Artenschutz Nachteile gegenüber den Alternativplanungen besitzt“. Auch GAL-Landeschefin Katharina Fegebank verwies damals auf die „ökologische Problematik“ und sagte, dass „Notwendigkeit, Nutzen und Realisierbarkeit der Hafenquerspange weiterhin ungeklärt“ seien. Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) hingegen freute sich über die „einzig machbare Lösung“, weil sie auch einer eventuellen künftigen Hafenerweiterung nach Moorburg südlich des Containerterminals Altenwerder nicht entgegenstehe.

Nun aber müsste der Bund das Geld in Höhe von mindestens 715 Millionen Euro bereitstellen. Im nationalen Verkehrswegeplan ist die Querspange aber nicht als „dringender Bedarf“ eingestuft, sondern nur als „weiterer Bedarf“ in der Warteschleife. Ob die Trasse hochgestuft wird, wollte das Bundesverkehrsministerium nach der Mai-Steuerschätzung entscheiden. Die ist jetzt mit einem zusätzlichen Minus von 39 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt desaströs ausgefallen. Deshalb wird auch Bundesverkehrsminister Ramsauer noch mehr sparen müssen.

Folgerichtig hat Nabu-Landeschef Porschke sich nun an den Bund gewandt mit der Bitte, die Naturzerstörung im Hamburger Süden nicht zu finanzieren.

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