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JUNGSGESPRÄCHEMetaphysik im M29er

Und überhaupt: Wer ist der Mensch ist? Und wie kam er zustande?

„Wenn ich den ganzen Tag nichts trinke, muss ich in der Schule nicht aufs Klo.“ Die drei Jungs sind am Moritzplatz in den M29 zugestiegen und sitzen jetzt im Oberdeck. Der Bus fährt Richtung Hermannplatz, das Gespräch bewegt sich Richtung Paradies.

Wenn man das Schulklo vermeiden will, hilft es also zu fasten. „Ihr seid das ja gewöhnt“, sagt der Junge, der den ganzen Tag nichts trinkt. Der Angesprochene erklärt, dass der Ramadan auch für Muslime nicht ganz einfach sei, vor allem nicht in den ersten Tagen. Daraufhin rekapitulieren sie die Gründe, warum der Mensch noch mal genau fasten soll. Und überhaupt, wer der Mensch ist und wie er zustande kam. „Laut Gott stammt der Mensch von Gott“, sagt einer. Die anderen unterbrechen ihn, Gott habe das nicht gesagt, sondern die Religion. Der Redner lässt sich nicht beirren: „Also: Laut Gott stammt der Mensch von Gott, laut Wissenschaft stammt der Mensch vom Affen.“ Ein eleganter Parallelismus, mit dem das Kind die Wissenschaft mit Gott gleichsetzt. Die rhetorische Strategie funktioniert, alle sind einverstanden. Einer sagt: „Stimmt, deswegen ist er auch so haarig, hat Mama gesagt.“

Auch das nächste Argument unterstützt die Affen-These. „Wie sollten Adam und Eva auch so viele Kinder machen?“ Anstatt zu akzeptieren, dass Generationenzeugung Zeit, Geduld und viel Verständnis für unlogisches Verhalten braucht, genau wie der Schöpfungsmythos, diskutieren die Jungs jetzt das Thema Inzest. Sie sind schon bei der Generation nach Adam und Eva: „Damals gab’s kein Gesetz, dass du nicht mit der Schwester darfst.“ Und dann sofort bei der Gegenwart: „Aber jetzt schon, weil du sonst Gehirnschäden kriegst.“ Ein Blick nach hinten zeigt, dass eine hitzige Diskussion tatsächlich Schweiß treibt. Aber vielleicht waren sie auch vorher schon verschwitzt. Sie haben Turnbeutel dabei. CATARINA VON WEDEMEYER

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