Bremen schläft nicht

GESUNDHEIT Jeder Zehnte leidet unter schweren Schlafproblemen, sagt eine DAK-Studie. Doch wenn es darum geht, sie zu behandeln, sparen die Krankenkassen

2009 ist der Krankenstand in Bremen – als einzigem Bundesland – gesunken. Das jedenfalls sagt der Gesundheitsreport der Krankenkasse DAK.

■ Im Bundesdurchschnitt hatten die Erwerbstätigen 12,4 Krankentage, in Bremen 12,7. Den höchsten Krankenstand verzeichnet dabei das Gesundheitswesen, während man sich in Bildung, Kultur und Medien deutlich seltener krank meldet. Besonders auffällig ist, dass Bremen bei den psychischen Erkrankungen um fast ein Fünftel über dem Bundesdurchschnitt liegt. (mnz)

Knapp zehn Prozent aller BremerInnen und damit etwa 35.000 Beschäftigte leiden unter schweren Schlafproblemen. Das sagt eine Studie der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), für die 3.000 Beschäftigte im Alter von 35 bis 65 befragt wurden. Zugleich musste sich auch die DAK bei der gestrigen Vorstellung dieser Untersuchung harsche Kritik anhören – von einer Bremer Schlafmedizinerin, die die Kasse selbst aufs Podium geladen hatte. Sowohl bei der Diagnose als auch bei verhaltensmedizinischen Maßnahmen seien die Kassen häufig nicht bereit zu bezahlen – sagt Svenja Happe, Chefärztin am Klinikum Bremen-Ost.

„Das Thema wird häufig vernachlässigt“, sagt Happe, „mehr als eine Lifestyle-Erkrankung“ gesehen. Aber: „Die Ärzte fragen nicht danach und die Patienten erzählen davon nichts.“ Medikamente alleine könnten massiven Schlafproblemen nicht abhelfen.

Doch genau da beginnt auch das Problem. Zwar sagt Regina Schulz, die Landeschefin der DAK, das Präventionskurse „natürlich“ auch bezahlt würden. Doch Happe hat da andere Erfahrungen gemacht, berichtet von einem Kurs, den sie selbst angeboten hatte. „Die Kassen waren nicht bereit, das zu übernehmen.“ Auch bei der Diagnose – insgesamt gibt es über 80 klassifizierte Schlafstörungen – würde massiv gespart, sagt Happe, vor allem im Zuge der Einführung der Fallpauschalen. Und wer ins Schlaflabor müsse, dem zahle die Kasse vielfach nur eine Nacht – dabei sei oft erst die zweite aussagekräftig. „Das macht uns Schlafmedizinern das Leben schwer“, sagt Happe. Ohnedies gibt es in Bremen weniger Laborplätze als im Bundesschnitt. „Da muss gesundheitspolitisch was passieren.“ Schulz spricht lieber von Entspannungstrainings und Infokampagnen.

Laut DAK-Studie grübelt jeder Vierte nachts über Ängste und Sorgen. Sonntagsarbeit, Schichtdienst und Jobs nach 20 Uhr plagen jeden Fünften bei der Nachtruhe. Und wer chronisch schlecht schläft, der hat auch ein größeres Risiko, psychisch zu erkranken, beispielsweise an Depressionen. Studien anderer Krankenkassen kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Jeder dritte Deutsche leidet von Zeit zu Zeit unter Schlafstörungen, ergab jüngst eine Umfrage der Krankenkasse KKH-Allianz.

Viele von Schlafstörungen Betroffene gehen aber weder zum Arzt noch lassen sie sich krankschreiben. Stattdessen nehmen sie trotz des Risikos von Abhängigkeiten längerfristig frei verkäufliche Schlafmittel. Und: Fast zwei Drittel behandeln sich laut DAK-Studie selbst. mnz