DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL
: Fortschritt durch Rückschritt

ANACHRONISMUS In Baden-Württemberg dürfen Abiturienten nur noch die Prüfung mit dem Oldschool-Taschenrechner ablegen

Abiturienten in Baden-Württemberg müssen ihre Taschenrechner ab 2017 danach auswählen, was diese NICHT können: Formeln berechnen, Ableitungen bilden, Rechenwege abspeichern, Parabeln anzeigen. Die Schüler dürfen für die Prüfung dann nur noch Taschenrechner benutzen, die auf ihre Kernkompetenz beschränkt sind: rechnen.

Das baden-württembergische Kultusministerium hat am Donnerstag entsprechende Richtlinien beschlossen. SPD-Minister Andreas Stoch argumentiert mit Chancengerechtigkeit: „Die hochmodernen Taschenrechner bieten immer umfangreichere technische Möglichkeiten, sodass wir bei den künftigen Matheprüfungen die gleichen Bedingungen gewährleisten müssen.“ Aus seinem Ministerium heißt es, mit der neuen Richtlinie sei man der rasanten technischen Entwicklung einen Schritt voraus – indem man den technischen Fortschritt also links liegen lässt. Der Taschenrechnerindustrie dürfte das nicht gefallen. Sie muss den Markt Baden-Württemberg verstärkt mit der Holzklasse beliefern, den sogenannten wissenschaftlichen Taschenrechnern (WTR).

Die grafikfähigen Taschenrechner und die Computer-Algebra-Systeme dürfen nur noch im Unterricht verwendet werden. Umsatzeinbrüche sind vorprogrammiert – der Preisunterschied zwischen einfachen und gehobenen Modellen beträgt etwa 100 Euro. Für die Schüler bedeutet es, dass sie Geld sparen bei Prüfungen, aber neben dem WTR nun wieder verstärkt auf ein anderes museales Hilfsmittel zurückgreifen müssen: Spickzettel. ALE