Uni vor dem großen Knall

Verhandeln um wenig oder protestieren für viel? Das Uni-Rektorat sagt: verhandeln. Und zieht sich damit den Zorn der Studierenden zu. Unterstützung für deren „Nein“ kommt – aus der Hochschule

von Armin Simon

Strategen würden es „Appeasement“ nennen. Vorsorgliches Wellenglätten. Uni-Konrektorin Ilse Helbrecht formuliert ihr Anliegen glatt heraus: „Liebe Studierende“, beginnt ihr Brief an den AStA. Und fährt fort mit der Bitte, „bei der Gestaltung Ihrer möglicherweise geplanten Aktionen die Argumente abzuwägen, die dafür sprechen, dass der Akademische Senat tagen kann und die Uni als Verhandlungspartner mit der senatorischen Behörde handlungsfähig bleibt.“

Was das Rektorat umtreibt, ist die für heute angesetzte Diskussion über das Zwischenergebnis der uni-internen Arbeitsgruppe, die die vom Wissenschaftsressort verlangten Kürzungen vorbereiten sollte. Beziehungsweise der geplante Beschluss, der dem Rektorat das Mandat geben soll, mit dem Wissenschaftsressort über einen Nachschlag zu verhandeln. „Wird der Akademische Senat ‚gesprengt‘, dann ist die Uni insgesamt wenig handlungsfähig“, warnt Helbrecht.

Man einer Streichung von Studiengängen oder Studienplätzen sei man „keinesfalls einverstanden“, unterstreicht die Konrektorin. Verhandlungsziel sei daher „mindestens zehn Hochschullehrer-Stellen mehr“, als vom Wissenschaftsressort zugestanden. AStA-Vorsitzender Jan Bönkost kann darüber nur lachen. „Der Akademische Senat soll die Kürzung auf 230 Professoren zurückweisen und statt dessen die Kürzung auf 240 Professoren fordern“, fasst er den Vorschlag spöttisch zusammen. Und kritisiert in seinem Antwortschreiben: Wenn ein Viertel der Hochschullehrer wegfalle, „geht das nicht ohne die Schließung von Studiengängen“. Ein geregelter Verlauf der Sitzung ist wenig wahrscheinlich.

Bönkost erinnert an den Januar-Termin des Gremiums. Da hatten einige Dekane gefordert, die Kürzungs-Arbeitsgruppe möge ihre Arbeit umgehend abbrechen – als Signal, dass die Uni nicht bereit sei, sich selbst das Grab zu schaufeln. Es sei das Rektorat gewesen, das diesen Antrag damals abgeschmettert habe, so Bönkost. Inzwischen rede es selbst davon, dass eine Reduzierung auf 230 Professorenstellen „kein realistisches Ziel“ sei, weil Breite wie Qualität von Lehre und Forschung dadurch nachhaltig gefährdet würden. „Was für einen Wert hat es, das Eine zu sagen und das Andere zu tun?“, fragt Bönkost. Es sei höchste Zeit, dass sich die Uni dem Sparkurs endlich verweigere.

Vorbild in dieser Hinsicht könnte die Hochschule Bremen in der Neustadt sein. Deren Akademischer Senat verfasste bereits gestern einen Brandbrief an Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD). Die „politisch Verantwortlichen im Lande Bremen“, so die einstimmig verabschiedete Forderung, müssten „den verhängnisvollen Kürzungsbeschluss zurücknehmen und den Wissenschaftsplan 2010 in seiner gültigen Fassung umsetzen.“ Dies sei sowohl aus regionalökonomischen wie auch aus demographischen Gründen dringend erforderlich.

Von Januar übrigens, als der Kürzungsbeschluss noch frisch war und der Uni-Senat gerade beschlossen hatte, sich in sein Schicksal zu fügen, ist ein Ausspruch des Hochschul-Rektors überliefert. Der beschied seinem eigenen Akademischen Senat, angeblich mit leicht entnervtem Gesicht: „Wenn sich die Universität wehren würde, dann könnten wir gemeinsam etwas verhindern.“