LIEBESERKLÄRUNG
: Al-Wakrah-Stadion

AUSGERECHNET DIE SKLAVENHALTER IN KATAR SETZEN DER WEIBLICHKEIT EIN DENKMAL – MIT EINER FUSSBALLARENA

Schön siehst du aus, selbst in der computeranimierten Simulation. Deine in zartem Violett leuchtenden Schamlippen, die sich in anmutigen Wellen aneinanderschmiegen und in ihrer Mitte den Blick freigeben, auf dein goldgelb strahlendes Innerstes, jenes Zentrum der lebensspendenden Weiblichkeit, dieser feucht-warme Sehnsuchtsort, in dem zu versinken, so viele träumen. Nun also ist man in Begriff dir, der Vagina und damit allen Frauen dieser Welt, ein gigantisches Denkmal zu setzten – und das an einem Ort, von dem das wirklich niemand erwartet hätte.

Ausgerechnet in Katar erblühst du, jenem winzigen Emirat, das zwar im Vergleich zu anderen arabischen Staaten relativ offen ist, aber dennoch auf einer konservativen Gesellschaftsordnung fußt: Stirbt in Katar eine Frau, ist nur halb so viel Entschädigung zu entrichten als müsste ein Mann durch Fremdeinfluss dran glauben; und das öffentliche Zeigen des weiblichen Geschlechtsorgans ist dort mal mit Sicherheit nicht erlaubt.

Nun also ein architektonisches Symbol, das über alles hinausgeht, was es an Frauen-Verehrung weltweit gibt. Die paternalistischen Scheichs, zuletzt vor allem deshalb in der Kritik, weil beim Bau der WM-Austragungsorte, ständig entrechtete und geknechtete Bauarbeiter vom Gerüst fallen, just jene nun, planen mit dem Al-Wakrah-Stadion den Siegeszug der phallischen Hochhaus-Architektur zu durchbrechen. Man kann sie nur für ihre ausgebuffte Cleverness beglückwünschen. Eine Vulva, in deren Innerstem Fußball gespielt wird: Klüger kann man Männern die Angst vor der Weiblichkeit kaum nehmen. MARLENE HALSER