BERNHARD HÜBNER ZUM UMGANG DER JESUITEN MIT IHREN MISSBRAUCHSOPFERN
: Zynismus statt Demut

Falls es noch eines Dokuments bedurfte für den Zynismus der katholischen Kirche gegenüber ihren Missbrauchsopfern, dem sei die Erklärung des deutschen Chef-Jesuiten Stefan Dartmann zu den Missbrauchsfällen in Schulen und Jugendeinrichtungen des Jesuitenordens empfohlen. Vier Seiten, darin nur wenige Sätze zu den Opfern und kaum Worte des Bedauerns, dafür Erläuterungen zur „ordensinternen Kommunikation“ zum „schmerzhaften Prozess“ der Aufklärung und der Verweis, man werde die Persönlichkeitsrechte der Täter „auch mit Hilfe von Anwälten“ schützen. Die Opfer nennt Dartmann nicht Opfer, sondern verschwurbelt „alle, die sich als ‚Opfer‘ erfahren“.

Das sind Sätze, wie sie die Rechtsabteilungen von Großkonzernen formulieren. So spricht sonst ein Vorstandsvorsitzender aus der Wirtschaft, wenn er in einer Krise die Aktionäre beruhigen will. In der absurden Realität der großen Unternehmen mögen solche Aussagen Stärke demonstrieren. In der Debatte um den flächendeckenden Missbrauch in der katholischen Kirche, ihren Orden und Einrichtungen erschüttert so eine Erklärung auch das letzte Vertrauen in Einsicht und Lernfähigkeit der Beteiligten.

Auf Kritik und Enthüllungen reagieren die kirchlichen Entscheidungsträger statt mit Demut mit Anwälten und eiskalt-professioneller Krisen-PR. So stark sich große Teile der Amtskirche auch von der modernen Gesellschaft abgewandt haben, so begierig haben sie die Methoden der modernen Wirtschaft übernommen. Doch die Kirche ist kein Unternehmen und darf sich auch nicht wie eines verhalten. Dafür genießt sie schließlich Privilegien und wird von Steuergeldern finanziert. Warum eigentlich, wenn es bei vielen Kirchen-Oberen nicht einmal zu einer ehrlichen, offenen Entschuldigung bei den Opfern der eigenen Institution reicht?

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