Eine heftige Fehleinschätzung

betr.: „Trotzgesellschaft und Schweigebefehl: Warum die neuen Bundesländer es schwerer haben als der übrige Ex-Ostblock“, von Dirk Baecker, taz vom 16. 5. 06

Über seine Betrachtungen zu den Ländern des Ostblocks nach der politischen Wende, insbesondere den neuen Bundesländern, versucht Dirk Baecker die Schwierigkeiten z. B. mit einer Trotzreaktion zu erklären. In mancher Hinsicht kann man diesen Gedanken des Trotzes und der Resignation der dortigen Bevölkerung durchaus folgen. Dass die Einigung jedoch einen „gefährlichen (!) historischen Sonderweg abbrach“, entspringt wohl eher einer heftigen Fehleinschätzung. Die Marktwirtschaft (um nicht das böse Wort Kapitalismus zu gebrauchen?) produziert ihrerseits immens große Probleme für unseren Planeten; gelöst hat diese Gesellschaftsform bisher keines. Und das Ende dieses „Sonderweges“ (Sozialismus?) ist keineswegs das Ende der Geschichte. Wir werden zukünftig neue Formen des Wirtschaftens und Zusammenlebens brauchen, um „die Welt“ nicht kaputtzuwirtschaften. Wenn Dirk Baecker aus der „Dominanz Westdeutschlands“ heraus glaubt, dass die DDR-Gesellschaft gefährlich und merkwürdig war, verfällt er durchaus einem Denkansatz, den er im Text selbst beschreibt: „eine nostalgische Reaktion auf sich selbst“. THOMAS TEICHELMANN, München