Hessen-Grüne verhandeln mit Bouffier

KOALITION Die Grünen können keine politische Alternative entdecken und stimmen Verhandlungen mit deutlicher Mehrheit zu. Daran können auch die Proteste von Gegnern des Frankfurter Flughafens nichts ändern

„Ich habe mir selber nicht vorstellen können, dass ich mal mit der CDU verhandle“

TAREK AL-WAZIR, GRÜNE

AUS WIESBADEN ARNO FRANK

Am Samstag haben die hessischen Grünen auf einer Sitzung ihres Parteirats das Angebot der Union angenommen, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Damit soll schon an diesem Montag begonnen werden. Sobald und sofern die Unterhändler einen Koalitionsvertrag mit der CDU ausgehandelt haben, werden sie diesen spätestens am 21. Dezember auf einer außerordentlichen Landesmitgliederversammlung verabschieden. Das ist der Fahrplan.

Landesvorstand und Landtagsfraktion der hessischen CDU hatten am Freitag einstimmig beschlossen, den Grünen Koalitionsverhandlungen anzubieten. Die Annahme dieses Angebots gestaltete sich auf Seiten des potenziellen Koalitionspartners schon im Vorfeld nicht ganz so glatt. Im Foyer des Tagungsgebäudes in Frankfurt erinnerten fast 50 Flughafengegner die Grünen an ihre Wahlversprechen. Dabei wurden selbstgemalte Plakaten („Kein Terminal 3, Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr“) hochgehalten, es wurde aber auch schlicht mit dem Regierungsprogramm gewedelt: „Hessen will den Wechsel“, unter anderem „zu weniger Fluglärm“.

Parteichef Tarek Al-Wazir erklärte den Demonstranten, was er auch danach hinter verschlossenen Türern noch einmal betonen sollte: SPD und CDU hätten beim Flughafen sehr ähnliche Positionen. Umso wichtiger sei es ihm gewesen, eine große Koalition zu verhindern. Unausgesprochen freilich bleibt, dass er dazu auf die Konzilianz der CDU angewiesen ist. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte bereits eine Quadratur des Kreises angekündigt: „Der Flughafen muss gut laufen, und der Lärm muss weniger werden.“

Erreicht werden soll das mit „Lärmpausen“, „Lärmobergrenzen“ und einer „ergebnisoffenen“ Prüfung der Baugenehmigung für das umstrittene Terminal 3. Nicht auszuschließen ist, dass hier künftig die Entscheidungen ohnehin von Gerichten gefällt werden, nicht von der Landesregierung.

Neben „gesetzten“ Themen wie dem Flughafen in Frankfurt, der Bildungspolitik oder der Energie wurde in der Debatte im Parteirat vor allem darauf gedrängt, auch andere grüne Anliegen nicht zu vergessen. Genannt wurden innere Sicherheit, Zuwanderungs- und Asylpolitik, Massentierhaltung oder Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Am Ende wurde der Beschluss des Parteirates mit 51 zu 6 Stimmen angenommen. Ein relativ eindeutiges Ergebnis, das kaum die Stimmung in der Partei widerspiegelt. So ist denn auch eine gewisse Skepsis dem Beschluss bereits eingeschrieben: „Uns ist bewusst, dass bei Koalitionsverhandlungen mit der hessischen CDU eine besondere Aufmerksamkeit auf den Ergebnissen in der Umwelt- und Sozialpolitik und den Inhalten eines Koalitionsvertrags in der Integrations- und Gesellschaftspolitik liegen wird.“

Schriftlich fixiert wurde die Alternativlosigkeit einer Koalition mit der CDU. Eine rot-grün-rote Option sei an SPD und Linkspartei gescheitert, nicht an den Grünen. Eine Hintertür für 2017 – oder wenn die Verhandlungen vor Weihnachten und wider Erwarten doch noch scheitern sollten. „Ich habe mir selber nicht vorstellen können, dass ich mal in Verhandlungen mit der CDU trete“, räumte Tarek Al-Wazir am Samstag ein. Parallel dazu hatte Ministerpräsident Volker Bouffier seinerseits betont: „Wir werden es nicht überhöhen und kein neues Zeitalter anbrechen lassen.“ Darüber werden die Menschen an der Basis zu entscheiden haben, nicht nur die Mitglieder der beiden Parteien – auch ihre Wählerinnen und Wähler.

Was hatte Tarek Al-Wazir am Freitag noch so kryptisch getwittert? Den Link zu einem Schlager von Xavier Naidoo: „Dieser Weg wird kein leichter sein“.