SVEN HANSEN ÜBER DEN AUSNAHMEZUSTAND IN THAILANDS HAUPTSTADT
: Reich kämpft gegen Arm

In Bangkok besetzt und belagert die Opposition Ministerien und Behörden, sie will die Regierung stürzen. Und die hat ein Problem. Antwortet sie mit Gewalt, verliert sie weiter an Ansehen. Tut sie nichts, dürfte das Chaos so groß werden, dass die Armee ohne Regierungsbefehl eingreift. 18 Mal hat sie in Thailand schon geputscht, zuletzt 2006. Damals wurde der Regierungschef und Milliardär Thaksin Shinawatra aus dem Amt gejagt, dessen Schwester Yingluck heute Premierministerin ist.

Yingluck schätzte mit ihrer umstrittenen Amnestie die Stimmung falsch ein. Obwohl diese längst gescheitert ist, wittern ihre Gegner daher Morgenluft. Und schon ist die alte Polarisierung wieder da. Dabei hatte man gerade noch gehofft, die Lager würden sich endlich auflösen.

Vor fünf Jahren hatten die „gelben“ Thaksin-Gegner Bangkoks Flughafen lahmgelegt, das Oberste Gericht erklärte die „rote“ Regierungspartei für illegal. Jetzt lieferte die konservative Justiz den Gelben eine Steilvorlage: Sie erklärte die vom Militär durchgedrückte Verfassung für sakrosankt.

Das Schlimmste aber ist, dass die Gelben demokratische Wahlergebnisse missachten. Die jetzige Regierung wurde mit absoluter Mehrheit gewählt. Zwar hatte sich auch Thaksin bereichert, autoritär regiert und Menschenrechte missachtet. Doch er sorgte auch für die arme Bevölkerungsmehrheit, was seine Beliebtheit bei ihr erklärt. Die Gelben dagegen verloren nicht nur alle Wahlen, sondern flirteten auch mit Politikkonzepten, die eine Entmündigung der Bevölkerung vorsahen. Der jetzige Protest verkörpert also keinesfalls den Volkswillen.

Thailand hat das Problem, dass neben den beiden verfeindeten Lagern immer noch eine demokratische dritte Kraft fehlt, die helfen kann, den verhängnisvollen Machtkampf zwischen Arm und Reich zu überwinden.

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