Wenn der Regen fällt

Wie lässt sich der Radtourist nur ins Trockene bringen? Ein Beratungsgespräch beim Outdoor-Bekleidungsspezialisten. Wasserdicht, winddicht, atmungsaktiv: Das sind die drei wichtigsten Eigenschaften, auf die beim Kauf geachtet werden sollte

VON PAUL DA CHALET

Die ersten Tropfen, und der gemeine Reiseradler gerät in Panik und dann in die Bredouille. Manchmal einfach deshalb, weil die teure Funktionsjacke für die Radtasche zu sperrig erschien und deshalb zu Hause am Haken blieb. Oder weil das mitgenommene Schlichtmodell sich bereits nach wenigen Kilometern als überaus schweißtreibend entpuppte.

Ja, leider, so was soll’s geben, meint Peter Grote. Aber natürlich, fügt er hinzu, ließe sich so was auch vermeiden. Als Filialleiter des Ausrüstungsgeschäfts „unterwegs“ in Münster empfiehlt er dem sommerlichen Reiseradler auf alle Fälle eine leichte Outdoorjacke. Die könne ruhig ungefüttert sein und deshalb weniger als ein Pfund wiegen. Falle überhaupt nicht ins Gewicht. Dennoch wären viele so beschaffen, dass sie nicht nur wasser- und winddicht seien, sondern auch atmungsaktiv. „Und auf diese Kombination sollte man achten“, betont der Fachmann. Zudem müsse Derartiges überhaupt nicht teuer sein: „Schon ziemlich gute Jacken sind ab 90 oder 100 Euro zu haben.“

Als wasser- und auch halbwegs winddicht gilt allerdings auch schon das Material, aus dem die noch preisgünstigeren Capes und auch Radlerüberziehhosen gemacht sind. Es besteht zumeist aus einer einfachen Kunststoffbasis, die mit Polyurethan (PU) beschichtet ist. Wirkt damit ähnlich wie eine Plastiktüte: Wasser von außen geht so schnell nicht durch, aber die Feuchtigkeit von innen kann auch nicht entweichen. Doch Radfahren ist nun mal eine bewegungsintensive Angelegenheit, mit Transpiration ist immer zu rechnen. Vor allem dann, wenn man heftig in die Pedale tritt, um so schnell wie möglich eine trockene Unterkunft zu erreichen, diese womöglich aber nicht findet. Insofern brauche der Radtourist keine Plastiktüte, sondern eine ebenso atmungsaktive wie wasserdichte Membrane, meint ein Experte wie Grote. Also eine Oberbekleidung mit Kunststoffporen, die den Schweiß nach draußen gelangen lassen, in der umgekehrten Richtung aber dicht halten.

Um die Dichtigkeit ihrer Produkte zu definieren, verbreitet eine Reihe von Herstellern gern Wasserstandsmeldungen. „Wasserdicht bis 8.000 Millimeter Wassersäule“, heißt es dann zum Beispiel. „Eine rein technische Aussage, die in der Praxis kaum wichtig ist“, relativiert Peter Grote. „Das ist nur ein Maß, wie viel Wasser auf einem Quadratzentimeter stehen kann, bis das Material das Wasser durchlässt.“ Andererseits hält er es für selbstverständlich, dass auch das leichte Jackett in der Lage ist, einem ordentlichen Landregen zwei, drei Stunden zu trotzen. Was bei einer Wassersäule von 5.000 Millimetern durchaus gewährleistet sei. Und damit auch der Kopf trocken bleibt und die Nieren nicht leiden müssen: oben Kapuze, hinten verlängerter Rücken à la Schwalbenschwanz.

Damit muss ein Beratungsgespräch in einem Outdoorfachgeschäft noch längst nicht zu Ende sein. Wer in Irland oder ähnlich regenreichen Regionen radeln möchte, bekommt sicherlich noch den Tipp, dass auch Regenhosen aus atmungsaktivem Material bestehen können. Und bestimmt wird der mehr oder weniger dezente Hinweis nicht fehlen, dass die obere Funktionsschicht – Jacke wie Hose – nur dann anständig funktionieren könne, wenn auch Funktionelles darunter getragen werde. Doch bei Kunstfaserwäsche winken viele Radtouristen häufig noch ab, soll ja ziemlich schnell müffeln.

Nun, dann eben Merinowolle, hält Peter Grote dagegen: „Entwickelt sich so langsam zu einem echten Trend.“ Was aber kein Wunder sei. „Es ist ein Naturgewebe, mit dem man trocken auf der Haut bleiben kann.“ Und nicht nur das: Wenn man abends vom Rad steige, müsse man keine Angst haben, streng zu riechen. Selbst dann nicht, wenn man gegen Wind und Wetter zu kämpfen hatte.