Leutheusser bläst zum Aufbruch Richtung Ampel

KOALITIONEN CDU will in NRW Ministerpräsidenten stellen. Liberale verlangt Abkehr vom Steuerdogma

FRANKFURT/M./BERLIN apn/taz Die CDU beharrt in den Gesprächen mit der SPD über eine eventuelle große Koalition in Nordrhein-Westfalen darauf, den Ministerpräsidenten zu stellen. Als stärkste Partei stelle die Union den Regierungschef, sagte der Generalsekretär der Landes-CDU, Andreas Krautscheid.

Unterdessen machte sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger am Wochenende erneut dafür stark, noch einmal die Chancen für eine Ampelkoalition auszuloten. Die FDP-Politikerin sagte dem Spiegel: „Gespräche kategorisch auszuschließen finde ich problematisch.“ Die Initiative liege bei der SPD-Landeschefin Hannelore Kraft, aber sie sehe noch eine theoretische Chance: „Die Ampel ist ja nicht ausgeschlossen.“

Parteichef Guido Westerwelle äußerte sich auffallend zurückhaltend: „Welche Koalition wir in Nordrhein-Westfalen am Ende sehen werden, bleibt abzuwarten“, sagte er der Welt am Sonntag. Der Landesverband der Liberalen werde verantwortungsbewusst und richtig entscheiden.

Skeptisch äußerten sich Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle und FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Brüderle sagte: „Ich sehe nicht die Voraussetzung dafür. SPD und Grüne können nicht erwarten, dass nur die FDP neu denkt.“ Lindner sagte im Deutschlandfunk: „In Nordrhein-Westfalen sehe ich weder die politischen Voraussetzungen noch, dass es ein hinreichendes Vertrauen der politischen Führungskräfte gibt.“

Leutheusser-Schnarrenbergers Vorstoß zugunsten einer Ampel könnte gewichtiger ausfallen, als er noch vor kurzer Zeit gewesen wäre. Im Spiegel ruft sie zu einem Neuaufbruch der Partei auf, an dessen Spitze sie sich offenbar setzen möchte. „Der Zustand der FDP ist nicht gut“, erklärte sie – „unser Auftreten und unsere Positionen“ müssten kritisch hinterfragt werden. Denn: „Wir brauchen eine neue liberale Agenda. Wir müssen die richtigen Prioritäten setzen und uns auch zu Dingen bekennen, die wir vor Kurzem noch nicht auf dem Zettel hatten“, sagte die Justizministerin.

Dazu gehöre etwa auch das Verbot von Finanzprodukten ohne Bezug zur Realwirtschaft. Eine Finanzmarktsteuer sei notwendig, denn „es gibt zu wenig Regulierung und keine funktionierende Aufsicht“. Man hätte „die Verschuldungskrise früher anders bewerten müssen“. Weiterhin habe sich die FDP zu wenig bemüht, „unsere Themen in der angemessenen Vielfalt zu präsentieren“. Steuersenkung „ist nur ein Thema“, betonte Leutheusser-Schnarrenberger.