„Impulse für Bremen“

ORIGINALORT Die „Ariolas“ füllen das „Krokodil“ mit Erinnerungen an die sündige Hafengeschichte

■ ist Musikerin, Managerin und Moderatorin

taz: Frau Wilhelm, mit „Inseln der Glückseligkeit“ reanimieren Sie das Rotlichtmilieu der 50er und 60er am Freihafen. Können Sie sich vorstellen, dass aktuelle Orte wie die Helenenstaße in 40 Jahren ähnlich nostalgisch aufgeladen sind?

Frauke Wilhelm: Nein. Die Legenden um die „Küste“ haben ja sehr viel mit Geschichte zu tun. Der gesamte Bremer Westen war zerbombt, als dann wieder die ersten Schiffe kamen, wurden im Nu aus irgendwelchen Planken und Brettern Buden hingezaubert. Es war eine Hochzeit des Stückgut- und Schüttguthandels, die Schiffe hatten bis zu eine Woche Liegezeit. Viele Waller Bürger, die irgendwie plietsch waren, beteiligten sich auf die ein oder andere Weise an diesem brummenden Geschäft. Das alles gilt so nicht für die Helenenstraße.

Ihre Show basiert auf Schilderungen von Barfrauen, Mietwagenfahrern und Krankenschwestern. Wie passen Entertainment und Authentizität zusammen?

Die Alltagsgeschichte ist in den Stories dieser Leute so wunderbar zusammen gebunden, wie das in den Worten eines Historikers gar nicht möglich wäre. Dabei paart sich Authentizität mit Legenden und Nostalgie – weil es früher natürlich zum Teil überhaupt nicht schön war.

Sie spielen die aktuelle „Ariolas“-Staffel im „Krokodil“. Was ist das für ein Laden?

Das ist der einzige der noch existierenden „Küste“-Clubs, in den man gehen kann, ohne Freier zu sein. Hinter dem Tresen stehen die selben Damen wie vor 30 Jahren. Die freuen sich, wenn wir da spielen! Es geht ja auch darum, dass diese Schicht mal eine Wertschätzung erfährt. Und der Stadt wollen wir drei Extra-„T“ schenken: Titten, Theken, Temperamente. Wenn man sich nur auf Richard Floridas „Talente, Toleranz und Technologie“ verlässt, verpasst eine Stadt am Fluss doch wesentliche Entwicklungs-Impulse! Interview: HB

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