Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Mit seiner Inszenierung von Elfriede Jelineks Wirtschaftskomödie „Die Kontrakte des Kaufmanns“ hat Nicolas Stemann erst kürzlich beim Berliner Theatertreffen triumphiert – unter anderem auch deshalb, weil er selbst als Sänger und Musiker auf der Bühne stand und aus der sperrigen Textfläche ein süffiges Jelinek-Konzert gemacht hat. Nun gibt Stemann am Sonntag sein Musiktheaterdebüt: in der Komischen Oper, wo er Jacques Offenbachs Operette „La Périchole“ inszeniert, in der er eine weitere Wirtschaftskomödie entdeckte. Das Ballhaus Ost ist ab Donnerstag für drei Tage zur besetzten Zone erklärt, genauer zur Kommunalka, wie in der untergegangenen Sowjetunion eine kollektive Lebensform genannt wurde, die im Neoliberalismus nun als Kunstform wiederkehrt. Die Besucher werden zum Teil der Okkupation erklärt und sollen so „in den Sog verschiedenster Künste, Sujets und Geschichten osteuropäischer Sehnsüchte, Visionen und Alltagsrituale gezogen“ werden, wie die Presseprosa verheißt und mit diesem sparten- und grenzübergreifenden Osteuropa-Projekt eine Melange aus Kunst, Theater, Kino, Kochen und Trinken verspricht. Mit den unübersichtlich gewordenen Rändern der Wirklichkeit beschäftigt sich auch das Stück „Chatroom“ von Enda Walsh, das ab heute Abend in der Vagantenbühne zu sehen ist: die dramatische Geschichte von sechs Jugendlichen, die sich im Internet kennen lernen. Im Übrigen nimmt ab Donnerstag das Hexenkesselhoftheater seinen Open-Air-Betrieb am Monbijou-Park wieder auf, und zwar mit Molières Stück über den maßlosen Hedonisten und Frauenverbraucher „Don Juan“. Vielleicht wird dann ja auch das Wetter ein Einsehen haben. Denn normalerweise ist die Hexenkessel-Saisoneröffnung ein untrügliches Zeichen, dass der Sommer kommt.

■ „La Périchole“: Komische Oper, ab So.

■ Kommunalka: Ballhaus Ost, Do.–Sa.

■ „Chatroom“: Vagantenbühne, ab heute

■ „Don Juan“: Hexenkessel Hoftheater, ab Do.