Rauschzustand schon vor dem Finale

RheinEnergie Köln hofft im zweiten Anlauf auf den deutschen Basketball-Titel. Finanziell lohnen sich die Spiele gegen Rekordmeister Alba Berlin kaum. Statt in der KölnArena muss das Team im fünfmal kleineren Energy Dome antreten

KÖLN taz ■ Ein bisschen dumm ist es ja schon gelaufen für die Kölner Basketballer. Da erreicht RheinEnergie schon sensationell mit einem spektakulären Sieg beim Titelverteidiger Bamberg das Finale um die Deutsche Meisterschaft gegen Alba Berlin – und die Kölnarena ist ausgebucht. So wird RheinEnergie im Heimspiel nicht vor 15.000, sondern wie gewohnt im 3.000-Zuschauer-Zirkuszelt Energy Dome am Girlitzweg antreten müssen.

Dass es keinen Auftritt auf der großen Bühne geben wird, ist den Kölnern zurzeit aber ziemlich egal. Vor dem ersten Finalspiel in Berlin am Sonntagabend (nach Redaktionsschluss) befanden sich die Klub-Oberen in einer Art Rauschzustand. „Wir sind bereit für Alba und den Titel. Wenn wir so spielen wie heute, haben wir eine echte Chance“, sagte Kölns serbischer Trainer Sasa Obradovic. „Die Mannschaft spielt mit Spaß und Charakter, sie gibt nicht auf, weigert sich einfach zu verlieren“, fand Kölns Manager Stephan Baeck.

Die kollektive Euphorie gründet vor allem in dem „Wie“ des Finaleinzugs. Mehr Dramatik ist im Basketball kaum möglich: Es steht am Donnerstagabend im fünften, entscheidenden Halbfinal-Spiel in Bamberg 68:66 für die Gastgeber, nur noch wenige Sekunden sind zu spielen. Bamberger Publikum und Mannschaft fühlen sich schon als Sieger, da fasst sich der Kölner Aleksandar Nadjfeji, eigentlich kein großer Dreierschütze, ein Herz. Er bekommt den Ball, er setzt den Fuß hinter die Dreipunkte Linie, er wirft und trifft mit der Schlusssirene zum 69:68-Sieg für Köln. Es dauert eine gute Weile, bis alle Beteiligten begriffen haben, was geschehen ist: Köln steht im Finale, Bamberg, der Favorit, ist draußen. Während die Bamberger in eine Starre fallen, bilden die Kölner ein riesiges Jubelknäuel um ihren Matchwinner Nadjfeji.

Zum zweiten Mal nach 2002 spielt RheinEnergie nun um die Deutsche Meisterschaft. Damals hieß der Kölner Gegner ebenfalls Alba Berlin und in nur drei Spielen holten die Hauptstädter den Titel. Ob es nun 2006 klappt oder nicht mit dem ersten nationalen Titel für RheinEnergie – für Trainerneuling Obradovic ist allein schon der Finaleinzug ein großer Erfolg. In den vergangenen vier Jahren waren die Kölner jeweils im Playoff-Viertelfinale gescheitert, vier Trainer wurden entlassen. Mit einem Altersschnitt von 23,3 Jahren haben die Kölner nun das jüngste Team der Liga, ein Team, das sich – angeleitet von Obradovic – im Laufe der Saison weiterentwickelt und zum Spiel mit System gefunden hat. „Der Erfolg basiert auf harter Trainingsarbeit“, berichtet Manager Baeck.

Sicher ein Vorteil für Köln: Während RheinEnergie keine Verletzten beklagt, muss Alba Berlin in den Finalspielen auf Jovo Stanojevic verzichten, den besten Centerspieler der Basketball-Bundesliga. Der Serbe hatte in der vierten Halbfinal-Partie gegen Bremerhaven einen Kreuzbandriss erlitten. Nach Meinung von Kölns Center Marcin Gortat hat Alba ohne Stanojevic „50 Prozent weniger Qualität.“ Das erste Kölner Heimspiel findet am Dienstagabend statt. Im ausverkauften Energy-Dome.

CHRISTIANE MITATSELIS