Preiswert oder nicht

Die Vergabe des Heinrich Heine Preises an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke ist weiter umstritten. Der Düsseldorfer Stadtrat könnte die Entscheidung im Juni wieder rückgängig machen

VON PETER ORTMANN

Die Vergabe des Heinrich-Heine-Preises an Peter Handke ist für den grünen Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit der „helle Wahn“. Gegenüber der taz sagte Cohn-Bendit, genauso gut hätte der Preis an Irans Präsidenten Ahmadinedschad gehen können, wenigstens als Laudator: „Schließlich schwimmt der auch gegen den Strom“, so der Europaparlamentarier. Cohn-Bendit rechnet damit, dass Wolf Biermann seinen Heine-Preis von 1993 zurückgeben wird.

In der letzten Woche hatte die Jury bekannt gegeben, dass Handke den renommierten Preis bekommen soll. Mit einer Stimme Mehrheit votierte die Jury für den politisch umstrittenen Schriftsteller. Begründung: „Eigensinnig wie Heine verfolgt Peter Handke in seinem Werk seinen Weg zu einer offenen Wahrheit.“ Für Jurymitglied Christoph Stölzl (CDU) war es nicht die richtige Wahl. Man habe sich nicht historisch kritisch mit den vorliegenden serbischen Aufsätzen von Handke beschäftigt, sagte er im Deutschlandradio. Er glaubt, dass der Düsseldorfer Stadtrat die Entscheidung noch kippen könne. „Jurys sind nicht der liebe Gott. Jurys geben einen Rat“, sagte der ehemalige Berliner Kultursenator. Der Stadtrat finanziere den Preis und müsse ihn auch verantworten. Die Entscheidung der Jury war wegen der pro-serbischen Haltung des Autors auf heftige Kritik gestoßen. Die Düsseldorfer Schriftstellerin und ehemalige Pen-Vorsitzende Ingrid Bachér nannte die Entscheidung „eine Katastrophe“. Von einem „Skandal“ spricht auch Fritz Kuhn, Bundestagsfraktionschef der Grünen.

Unterstützung bekommt die Jury des mit 50.000 Euro dotierten Preises von der Kölner Journalistin Alice Schwarzer. Sie findet die Entscheidung „couragiert“. Handkes Mut hätte Heine vermutlich imponiert. „In einer Zeit der allgemeinen Verteufelung von Serbien hat er gewagt, sich gegen die einseitige Schuldzuweisung zu stellen“, sagt sie.

Auch der österreichische Filmemacher Peter Kern, der lange Jahre in Düsseldorf gearbeitet hat, verteidigt in Wien seinen Landsmann. „Niemand hat das Recht, Handke einen Preis zu verweigern, der nur ihm zusteht, weil er genau auf der Linie Heines liegt“, sagt Kern der taz. Es sei seine Freiheit, auf diese Weise über den Krieg in Jugoslawien zu reflektieren. Die Düsseldorfer hätten Heine auch nie verstanden. Eine Rücknahme wäre ungeheuerlich. Die Politiker würden sich dadurch aus der Verantwortung für eine Auseinandersetzung stehlen.

Die wurde in den letzten Wochen in Frankreich geführt. Wegen der umstrittenen Rede Handkes am Grab von Slobodan Milosevic hatte die Comédie Francaise in Paris zwei seiner Stücke vom Spielplan 2007 gestrichen. Zahlreiche Künstler haben das als Zensur aufgefasst. Handke selbst zeigte sich „angewidert“ – „Warum schlägt man nicht meine Bücher auf, statt mich anzuklagen“, sagte der in Frankreich lebende Österreicher.