Abschied von der Bauernstaffel

Der 1. FC Union hat den Aufstieg in die Fußball-Regionalliga geschafft. Die Fans sind euphorisch. Doch um die Klasse zu halten, müssen sich die Köpenicker professioneller anstellen als in der letzten Saison. Auch die finanzielle Lage des Clubs ist unklar

Von Matthias Wolf

Als der 1. FC Union Berlin den Aufstieg in die Regionalliga geschafft hatte, entfuhr Dietmar Lenz ein Seufzer. „Die Party ist vorbei. Adios, große Einnahmen“, sagte der Vizepräsident des MSV Neuruppin. Nur zu gerne hätten sie den Zuschauerkrösus gehalten, der oft mehrere tausend Fans mitbrachte, denen gastgebende Klubs oft mit Topzuschlägen zusätzlich Geld aus der Tasche gezogen haben. Ein Grund mehr für alle Anhänger der Köpenicker durchzuatmen.

Eine Gruppe von Fans, die verantwortlich zeichnet für die Vereinszeitung, schmückten deren Titelblatt jüngst mit einem symbolträchtigen Bild: ein Schachbrett, auf dem nur noch der weiße König stand, um ihn herum lagen schwarze Bauern. Union ist der Bauernstaffel entronnen. Ausgelassen feierten deshalb alle gestern im letzten Heimspiel gegen die TSG Neustrelitz (3:0) die Meisterschaft in der Nordstaffel der Nordost-Oberliga. Doch sind die Hoffnungen auf bessere Zeiten berechtigt?

Wer will, der kann auch am letzten Spiel festmachen, wie sehr sich die Vereinsführung dem amateurhaften Niveau angepasst hat – etwa bei der Personalpolitik. Mit Lothar Hamann, mitten in der Saison entlassen und heute Coach in Neustrelitz, kam der ehemalige sportliche Leiter zu Besuch, der durch Unions Aufstieg jetzt noch 20.000 Euro Prämie überwiesen bekommt. Eine Summe, die viele Angestellte des Klubs schlucken lässt, mit denen um wenige hundert Euro gefeilscht wurde.

Union beschäftigte in dieser Saison Mitarbeiter mit kleinsten Gehältern. Der Verein steckte viel Geld in die Mannschaft (1,9 Millionen Euro Etat, der sich nun in der Regionalliga auf 2,5 Millionen erhöht) und den äußerst opulenten Kommandostab: Mit Jörg Heinrich leistete man sich einen Sportdirektor, dazu noch Christian Beeck als Teammanager. Mit Frank Lieberam (im Dezember entlassen), Georgi Wassilew (im April gefeuert) und Christian Schreier verschliss man zudem drei Trainer.

Und das, obwohl im Winter die Kassen leer waren, Präsident Dirk Zingler, der eine Betonfirma besitzt, bereits die Gehälter vorstrecken musste. Als es an die Lizenzierung ging, spürte der Verein einmal mehr die Sünden früherer Tage: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) stellte hohe Bedingungen. Erst nach zähen Verhandlungen wurden diese abgemildert. Es bleiben das Verlangen nach einem Hauptsponsorvertrag und eine niedrige, sechsstellige Summe, die an Bürgschaften aufgetrieben werden muss. Der Verein will das bis zum Stichtag 2. Juni geschafft haben. „Wie es finanziell um den Verein steht, weiß keiner. Es wird kaum über Zahlen gesprochen“, sagt ein Aufsichtsrat.

Auch die Gestaltung vieler Spielerverträge durch Präsident Zingler vor der Saison ist wenig professionell. 17 Kontrakte verlängerten sich nach dem Aufstieg automatisch. Doch im Grunde hätte Trainer Schreier deutlich weniger Kicker gerne gehalten und stattdessen neue verpflichtet. Mit Jörg Schwanke und Tobias Kurbjuweit wurden nun Profis ausgemustert, die noch auf ihre Verträge pochen können. Union zahlt also weiter Lehrgeld.

Auch die nur selten souveränen Auftritte des einzigen Profiteams in der Oberliga lassen bisher wenig Hoffnung auf sportliche Höhenflüge zu. „Als Wassilew kam, habe ich gehofft, der Verein steht endlich wieder vor einer goldenen Zukunft“, sagt Tom Persich, der zwölf Jahre lange für Union gespielt hat, „aber jetzt befürchte ich wieder das Schlimmste.“ Er sagt es nicht verbittert, sondern traurig.