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DIE DREI FRAGEZEICHEN„Es geht nicht ums Saufen“

WARUM? Das Sauerländer Schützenwesen will sein Brauchtum zum immateriellen Unesco-Weltkulturerbe erklären lassen

taz: Herr Reuther, warum sollen die Schützen auf die „Liste des dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes“?Raimund Reuther: Weil wir als Schützen seit Jahrhunderten existent sind, weil wir Bräuche und Sitten haben. Das Schützentum ist eine Tradtition, die seit Generationen weitergeben wird. Meine Bruderschaft wurde 1607 gegründet – und es gibt noch viel ältere. Die Schützen waren Beschützer der Städte, der Stadtanlagen. Also mit die ersten ehrenamtlich engagierten Menschen in den Städten. Bekannt sind Schützen für ihre Feste. Was macht sie noch aus? Da brauchen Sie jetzt nicht nur ans Saufen denken. Wir vermitteln Werte wie Glaube, Sitte und Heimat. Wir kümmern uns um unsere Ortschaften, stiften den Weihnachtsbaum, führen Martinszüge durch. Unsere Bruderschaft beispielsweise unterstützt ein Hospiz, indem sie finanzielle Mittel aufbringt. Wir haben einer Schaustellerfamilie geholfen, deren Wohnwagen abgebrannt war. Und das Schützenfest mit dem Höhepunkt des Vogelschießens ist ein traditioneller Brauch. Da gibt es nicht nur Veltins, Krombacher und Westheimer. Was erwarten Sie von der Aufnahme in die Liste? Dass das Brauchtum unter Universalschutz steht und dass unsere Kultur so bestehen bleibt, wie sie sich seit Jahrhunderten entwickelt hat. Dass nicht mehr aus Berlin gesagt wird: Die Vögelchen macht ihr jetzt mal dünner. Die Ministerialbürokratie in Berlin war nämlich der Meinung: Die Vögel sind zu groß, da wird mit zu großem Kaliber geschossen.

INTERVIEW: JULIA NEUMANN

■ Raimund Reuther ist stellvertretender Oberst der Schützenbrüderschaft in Arnsberg-Neheim. Er hatte die Idee, das Schützenwesen als Weltkulturerbe eintragen zu lassen.

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