DAS DING, DAS KOMMT
: In Schweiß verbunden

EINE SCHWITZHÜTTE steht ab dieser Woche vor dem Theater Bremen

In der Bremer Schwitzhütte geht es weniger um Ritual und Heilung, dafür ums Verbindende

Sauna? Ein alter Hut, steht ja seit ein paar Jahren auf jedem zweiten Open-Air-Event rum. Hamburger erinnern sich mit perlender Stirn ans gemeinsame Schwitzen vor Kampnagel in den letzten beiden Wintern. Dieses Jahr müssen sie darauf wieder verzichten. Schwitzen kann man dafür in Bremen. Vor dem Theater am Goetheplatz steht ab Dienstag eine Schwitzhütte und macht, pardon, heiß für die nächste Premiere von Gintersdorfer/Klaßen.

Die heißt „Mobutu choreographiert“ und könnte wiederum per Titel Schweißausbrüche auslösen: Mobutu – war das nicht ein ganz übler Diktator? Doch, doch, war er. Von 1965 bis 1997 Präsident der Demokratischen Republik Kongo, ab 1971 als Zaire bekannt. Und genau um den geht es. Das theatralische Potenzial steht dabei außer Zweifel: Mobutu inszenierte sich als omnipotenter Beglücker mit Leopardenmütze, holte 1974 den „Rumble in the Jungle“ nach Kinshasa, jenen legendären Fight zwischen Muhammad Ali und George Foreman, setzte auf kongolesische Musik und traditionelle Tänze zur Verbrämung seiner Propaganda.

Die Schwitzhütte an und für sich hat damit erst mal wenig zu tun. Sie ist eine Erfindung nord–amerikanischer Ureinwohner, die sie als Bestandteil religiöser Zeremonien und Ort der Heilung nutzten, darin nicht unähnlich ihren Gleichgesinnten in anderen Teilen der Welt. Als beispielsweise finnische Migranten im 17. Jahrhundert nach Amerika kamen, wurden sie von den Delaware „Schwitzhüttenmenschen“ genannt – und ihre Häuser in den sogenannten Franzosen- und Indianerkriegen verschont.

Zwar geht es in der Bremer Schwitzhütte weniger um Ritual und Heilung, dafür aber ums Verbindende, ja Völkerverbindende. Ab Mittwoch gibt es dort Performance-Kunst, Vorträge, Debatten, Musik und Videos zu sehen. Und es hätte nichts mit Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen zu tun, ginge es bei alledem nicht immer auch um kulturelle Transfers, um Übersetzungen und deren Mechanismen und transformierende Effekte.

So treffen ivorische Musiker auf Bremer DJs, deutsche Modestudenten auf kongolesischen Chic, der Kulturwissenschaftler Johnny van Hove auf den kongolesischen Schauspieler Papy Mbwiti, der angeblich sämtliche Mobutu-Reden auswendig kann. Als „Master of Desaster“ empfängt Gabriel Loebell-Herberstein bis zum 15. Dezember täglich ab 18 Uhr zum nicht zuletzt eben gemeinsamen Schwitzen. ANDREAS SCHNELL