Israelis stürmen Schiffe für Gaza – mehrere Tote

KRISE Weltweites Entsetzen über Angriff auf Hilfslieferung im Mittelmeer. Türkei zieht Botschafter ab. Israel gibt Organisatoren Schuld

BERLIN dpa/apn/afp/taz | Israelische Streitkräfte haben im Mittelmeer einen Schiffskonvoi mit Hilfsgütern für den Gazastreifen gestürmt und nach eigenen Angaben mindestens neun Aktivisten getötet. Israelische Fernsehberichte sprachen von 19 Toten und zahlreichen Verletzten.

Der blutige Vorfall in der Nacht auf Montag hat weltweite Empörung ausgelöst. Die Europäische Union verurteilte die „exzessive Gewaltanwendung“. Die türkische Regierung erklärte, Israel habe internationales Recht verletzt, und zog den Botschafter aus Israel ab. Türkische Aktivisten hatten an der Solidaritätsflotte großen Anteil. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach von einem „abscheulichen Verbrechen“. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte rückhaltlose Aufklärung, der UN-Sicherheitsrat sollte noch am Montagabend zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Was genau auf den Schiffen geschah, blieb am Montag unklar. Die Organisatoren des Konvois „Free Gaza“ berichteten, die Israelis hätten sofort geschossen, als sie an Bord des türkischen Schiffs „Mavi Marmara“ kamen. Die israelischen Streitkräfte erklärten, gewalttätige Aktivisten hätten sie zum Waffengebrauch gezwungen. „Wir bedauern, dass es Opfer gegeben hat, aber die Verantwortung liegt bei den Organisatoren“, sagte Verteidigungsminister Ehud Barak. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte ein für Dienstag geplantes Treffen mit US-Präsident Barack Obama in Washington ab.

An dem Konvoi waren etwa 700 Menschen beteiligt, darunter der schwedische Schriftsteller Henning Mankell. Laut Bundesregierung waren auch sechs Deutsche dabei. Die beiden Linksparteiabgeordneten Inge Höger und Annette Groth sollen sich ebenso wie der Exabgeordnete Norman Paech und der Vizechef der deutschen Sektion der Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs (IPPNW) auf der gestürmten „Marmara“ befunden haben. Die insgesamt sechs Schiffe des Konvois hatten am Sonntag mit etwa 10.000 Tonnen Hilfsgütern an Bord zyprisches Hoheitsgewässer verlassen. Als die Schiffe aufgebracht wurden, hielten sie sich laut „Free Gaza“ in internationalem Gewässer auf. Der Konvoi wurde von der israelischen Marine in die Hafenstadt Aschdod geschleppt. WOS

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