„Ich führe einen Kampf“

Gespräch über das Verlegen jüdischer Literatur

■ studierte Altphilologie und war Verlagsbuchhändler. Ende Juni schließt sein BuchverlagFoto: Ammann Verlag, Zürich

taz: Herr Ammann, Sie kehren dem Verlagsbetrieb den Rücken. Warum?

Egon Ammann: Mein Entschluss hat vor allem mit der Marktsituation für Literatur zu tun. Marketing hat den Betrieb im Griff – alles muss schnell gehen und sich gut verkaufen. Die meisten Autoren sind zwar gute Kalligrafen, aber bei vielen Texten frage ich mich: Wo ist die Kunst?

Fragen Sie das auch heute Abend?

Ich werde vor allem über Texte sprechen, die wir verlegt haben – über jüdische Kultur. Herausragend dabei sind die kulturgeschichtlichen Zeugnisse aus dem Ghetto Wilna. Darüber hinaus werde ich über den aktuellen Status von Literatur referieren, denn ich führe einen Kampf.

Was heißt das?

Ich bin ein Kulturpessimist geworden. Der Stellenwert der Literatur ist in den Hintergrund gerückt und macht vorschnellen Informationen aus dem Internet oder dem Fernsehen Platz. Das aber zeigt nur Verkürzungen, austauschbare Bilder. Keine Dokumentation kann das Grauen im Wilnaer Ghetto so vermitteln wie die literarischen Erinnerungen eines Abraham Sutzkever.

Was lesen Sie zur Zeit?

Gerade lese ich mal wieder die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Beim Lesen dieses Buches spüre ich immer das Aroma für die Landschaft am Mississippi. Kunst erkennt man daran, dass sie blüht.INTERVIEW: ANNE BAUMANN

„Ein Leuchtturm löscht das Licht“, mit Egon Amman und Buchhändler Stephan Samtleben: 20 Uhr, Café Leonar, Grindelhof 59