Liebesbeweis

KASACHSTAN Dem Staatschef fehlt Liebe. Darum lässt er über 3.000 feiernde Studenten antreten

Despoten, besonders in Zentralasien, sind mächtig und unermesslich reich. Ihnen gehören Gas, Öl, Gold, Baumwolle, einfach alles, was in ihren Ländern wächst und aus dem Boden sprudelt. Sie besitzen Villen in Genf und Beverly Hills.

Das Volk zwischen Kaspischem Meer und Chinas Grenze ist mit der Herzenswärme vorsichtig. Es fürchtet eher den jeweiligen Herrscher. Dafür sorgen ja schließlich auch Geheimdienste, Folterknechte und Panzerwagen, die hin und wieder ins Volk schießen, wenn die Furcht etwas nachlassen sollte.

In Kasachstan herrscht seit 1989 Nursultan Nasarbajew. Am 1. Dezember wurde in dem zentralasiatischen Land des ersten Präsidenten nach der Unabhängigkeit 1991 gedacht. Da es dort seither keine einzige demokratische Wahl gegeben hat, ist der erste Präsident auch heute noch im Amt. Das ist praktisch. Der nun mehr 73-jährige Staatschef, der verfassungsgemäß als Haupt des Volkes bezeichnet werden muss, feiert sich somit selber.

Und was schenkt man einem, der schon alles hat? Richtig: Liebe! Diese Idee hatte auch die Universität für Geisteswissenschaften und Recht in der kasachischen Hauptstadt Astana. Über 3.000 Studenten schenkten am Donnerstag ihrem Präsidenten vor dem Feiertage das wärmende Gefühl. Sie sangen und tanzten seine Lieblingslieder, ließen rote und weiße Herzchenluftballons in den Himmel steigen und riefen laut: „Wir lieben dich!“

Mögen doch die undankbaren Kommilitonen in anderen Länder die Despoten vom Hof jagen, in Kasachstan knuddeln sie den alten Herrscher. Was kann es Schöneres geben? Vielleicht steckt ja hinter dieser Liebesbezeugung sogar der besonders demokratieerfahrene Berater des kasachischen Autokraten und ausgewiesene Experte in Bevölkerungsliebe: der ehemalige britische Premierminister Tony Blair. MARCUS BENSMANN, BISCHKEK