Die CIA-Entführer hatten in Europa viele Helfer

ILLEGAL Mindestens 54 Staaten duldeten Geheimgefängnisse auf ihrem Boden oder CIA-„Rendition“-Flüge durch ihren Luftraum

GENF taz | Der US-Geheimdienst CIA hat nach den Anschlägen vom 11. September 2001 weltweit zahlreiche – in seinen Augen des Terrorismus verdächtige – Personen entführt und per Flugzeug durch sogenannte „Rendition-Flights“ in andere Länder verschleppt. Dort wurden sie in geheimen Gefängnissen verhört und gefoltert.

Die USA verstießen damit schwer gegen das Völkerrecht und gegen internationale Menschenrechtsnormen. Und trotzdem: Mindestens 54 Staaten duldeten es, dass die CIA geheime Gefängnisse auf ihrem Gebiet errichteten oder entführte Personen durch ihren Luftraum in solche Gefängnisse transportierten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der US-Organisation „The Open Society Justice Initiative“.

Ein Anfang 2006 veröffentlichter Bericht des Europarats zählt mindestens 439 geheime CIA-Flüge durch deutschen Luftraum und mit Landung oder Start auf einem deutschen Flughafen. Die CIA nutzte auch den Luftraum von Großbritannien, Dänemark, Schweden,Portugal, Griechenland, Italien, Tschechien und anderen EU-Staaten sowie der Schweiz für die geheimen Flüge.

Tarnfirmen gegründet

Zur Tarnung gründete die CIA in vielen Fällen Scheinfirmen, über die sie Privatflugzeuge anmietete. Die von dem US-Geheimdienst entführten Personen wurden nicht nur in Gefängnisse von Staaten wie Ägypten oder Marokko verschleppt, die für ihre Folterpraktiken berüchtigt sind, sondern auch in die EU-Länder Polen, Rumänien und Litauen. Eines der beiden litauischen CIA-Gefängnisse lag mitten in der Hauptstadt Vilnius. Transportflugzeuge der CIA durften unter anderem in Athen, Rom und Prag auftanken. In Frankfurt, Ramstein und Palma de Mallorca, aber auch Larnaka (Zypern), Incirlik (Türkei) und Baku (Aserbaidschan) hielten sich die Crews der angeblichen Privatmaschinen bereit. Allein in Europa entführte und verschleppte die CIA laut dem Bericht des Europarates mindestens 150 Menschen.

Durch viele konkrete Einzelfälle belegt sind die völkerrechtswidrigen Praktiken der CIA sowie die Kooperation europäischer Staaten auch in einem Amnesty-International-Report vom April 2006 unter dem Titel „Unterhalb des Radars, geheime Flüge zu Folter und ins Verschwinden“. Die Verfasser werteten dafür mehr als 1.000 Flüge der CIA zwischen 2001 und 2005 sowie Aussagen ehemaliger Gefangener aus. ANDREAS ZUMACH