betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Oskaras Koršunovas ist einer der wichtigsten Regisseure Litauens. Seine Theaterarbeiten sind seit Jahren auch in Berlin zu sehen. Am Wochenende gastiert seine Inszenierung von Maxim Gorkis bitterer und auch über hundert Jahre nach ihrer Uraufführung noch immer aktueller Sozialstudie „Nachtasyl“ im HAU. Und zwar im Rahmen des „Nordwind“-Festivals, das seit dem 22. November parallel in Berlin, Hamburg und Dresden läuft. Dieses Festival versteht sich als Plattform für die Theater- und Performancekunst aus den nordischen und den baltischen Ländern. Von dort kommt ja immer wieder Aufsehen erregende Theaterkunst. Zuletzt Ida Müller und Vegard Vigne, deren spektakulärer John-Gabriel-Borgmann-Marathon vor zwei Jahren auch eine Nordwind-Festivalkoproduktion war! (HAU 2: „Nachtasyl“, 7. + 8. 12., jeweils 19.30 Uhr).

Auf keinen Fall verpassen sollte man auch die Nordwind-Produktion „Die europäischen Medien – Ein Schauprozess“ der dänischen Formation Das Blechwerk um den Regisseur Nielsen (ohne Vornamen!). Das Stück verhandelt das überall greifbare Ende der Gestaltungsmacht der Europäer und stellt als Zeugen und Beweismaterial in einem sieben willenlose Stimmen auf die Bühne: darunter China, Google und minderjährige thailändische Sexarbeiter. (HAU 3: „Die europäischen Medien“, 7. & 8. 12., 19.30 Uhr).

Wieder auf dem Spielplan des Ballhauses Ost steht Christian Weises wundervolles Bühnenremake des berühmten Defa-Films von 1957 „Berlin – Ecke Schönhauser“ von Gerhard Klein nach dem Drehbuch Wolfgang Kohlhaases. Diese Ecke, die ja auch um die Ecke des heutigen Ballhauses ist, handelt von einer Gruppe Jugendlicher, die man damals „Halbstarke“ nannte und die unter dem U-Bahn Viadukt abhängen. Leute, die nicht, wie etwa der Westler James Dean, „Rebels without a Cause“, sondern genau das Gegenteil, nämlich „Rebels with a Cause“ gewesen sind. (Ballhaus Ost: „Berlin – Ecke Schönhauser“, 5.–7. 12., 20 Uhr).

Im Übrigen hat die Adventszeit begonnen. Fragen des Glaubens werden in diesen Tagen besonders hoch gehandelt. Da passt eine Veranstaltung der Sophiensæle gut, die „Wer(s) glaubt, wird selig“ überschrieben ist. Verantwortlich für den Abend über Rituale und die verschiedenen Glaubenssätze, die ihnen zugrunde liegen, ist das Labor für Kontrafaktisches Denken. Nein, das ist keine kirchliche Organisation! (Sophiensæle: „Wer(s) glaubt, wird selig“, 5.–8. + 11. 12, 10 Uhr. Am Samstag, 7. 12., um 15 Uhr mit rituellem Familiennachmittag für das postdramatische Kind, das heißt mit Sternebacken, Kranichefalten und „Peterchens Mondfahrt“).