Meine kleine Revolution

Judith Holofernes, Sängerin

Ich wurde auf einem Flokati gezeugt. Nach der Geburt flausten mir meine Eltern die Flokatifussel vom schrumpeligen Leib – gemeinsam mit acht WG-/Sexualpartnern, die auf meinen Kindheitsfotos nicht wirklich von meinem Vater zu unterscheiden sind. Zu Kinderladenbeginn war ich längst gründlich aufgeklärt. Für den Fall der Fälle lagen dort aber all jene Bücher herum, für die Politiker heute Ärger kriegen. Wenn unsere Eltern rauchend in der Kitaküche saßen und diskutierten, ob es okay sei, dass der Dings die Bums an den Haaren gezogen hatte, versteckten wir Kinder uns im toten Winkel des Hochbetts und spielten Ficken. In offenbarer Sehnsucht nach Autorität benannten wir stets einen zum Vorarbeiter, der lautstark dirigierte, während wir in Zweierkonstellationen Liegestützen übten. Meine echte sexuelle Revolution kam später, als ich merkte, dass man beim Sex auf niemanden hören muss, der Eins, zwo! Eins, zwo! skandiert.

Neue Platte: Ein leichtes Schwert (Four Music)