CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI
: Mordfall mit Pflegestufe

Wie schön, endlich findet Kommissar Keppler (Martin Wuttke) Anschluss. Es gibt da draußen also noch Menschen, die sich von seinem Gemurre nicht abschrecken lassen. Na ja, Kepplers neue Freunde habe ja auch keine Wahl: Es sind die Alten und Abgeschobenen, die Dementen und Verdrängten, die sich in diesem „Tatort“ aus dem Pflegemilieu an ihn ranhängen.

Da ist etwa der alte Herr Holst, der sich zwar nie merken kann, wen er da mit Keppler vor sich hat, der aber immer wieder bei ihm anrufen lässt, wenn er Hilfe braucht, weil der Polizist ihm unvorsichtigerweise seine Visitenkarte dagelassen hat.

Die tragikomischen Überwältigungsmaßnahmen, die den Ego-Cop in die soziale Verantwortung zwingen, sind ein guter Dreh, sich Primetime-kompatibel dem Thema Altenpflege zu nähern, ohne es zu banalisieren. Der Mord an einer Hilfspflegerin führt in „Heimwärts“ (Regie: Johannes Grieser, Buch: Heike Rübbert) nämlich gleich in zwei Aspekte der Pflegedebatte ein: Zum einen geht es um die industrielle Komponente, die hier in der Figur eines dubiosen Sozialdienstleister vorgeführt wird.

Zum anderen um den enormen Druck auf die Angehörigen von Demenzkranken, die schon aus Selbstschutz den richtigen Zeitpunkt finden müssen, um Vater oder Mutter entmündigen zu lassen.

Mit einer für den Leipziger „Tatort“ seltenen Vielschichtigkeit wird anhand der Familie des niedlichen Opa Holst nachgezeichnet, was es heißen kann, einen Demenzkranken zu pflegen: Opa schreit, Opa beleidigt, Opa schmeißt das wenige Geld der Familie zum Fenster hinaus.

Da hätte man auf den pflichtbewusst eingeschoben Subplot zum Themenkrimi, in dem Kommissarin Saalfeld (Simone Thomalla) mit ihrer Mutter gepflegt beim Weißwein den Lebensabend bespricht, gerne verzichtet. Wie hier aufs Mehrgenerationenhaus als Lebensabend-Option angestoßen wird, ist arg aufdringlich.

Leipzig-„Tatort: Heimwärts“, So., 20.15 Uhr, ARD