Nicht mehr ganz so scharf

ORTSTERMIN Als Zeugen im Korruptionsprozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff berufen sich Maria Furtwängler und ihr Verleger-Mann Hubert auf Gedächtnislücken

„Brezn konn i eh nid essen, weil i kein Gluten vertrag“

MARIA FURTWÄNGLER

AUS HANNOVER TERESA HAVLICEK

Eine Frage in eigener Sache habe sie, sagt Maria Furtwängler mit gequältem Unterton im Wulff-Prozess vor dem Landgericht Hannover. „Was könnte meine Aussage im besten Fall zur Klärung beitragen?“. Es ist Tag fünf im Korruptionsprozess gegen den einstigen niedersächsischen Minister- und Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU). Der erste Tag, an dem Promi-Zeugen vernommen werden. Die Furtwängler und ihr Mann, der Verleger Hubert Burda, an diesem Donnerstag, Wulffs Noch-Frau Bettina am nächsten.

Sie alle waren beim Oktoberfestbesuch 2008 dabei, wegen dem sich Wulff jetzt gegen den Vorwurf der Vorteilsannahme vor Gericht wehren muss. Bei dem München-Wochenende soll der Filmunternehmer David Groenewold Teile von Hotel- und Babysitterkosten der Wulffs und ein Abendessen übernommen haben, rund 720 Euro. Auch die Festzelt-Gesellschaft der Wulffs soll der wegen Vorteilsgewährung mitangeklagte Groenewold gezahlt haben, gut 3.200 Euro. Als Gegenleistung soll der damalige niedersächsische Ministerpräsident kurz darauf um Sponsoren für ein Groenewold-Filmprojekt geworben haben.

Mission: Kontaktpflege

Mit am Tisch im Wiesn-Zelt saßen die Furtwängler-Burdas. In Saal 127 des Landgerichts sollen sie nun Klarheit bringen, ob das Treffen privat oder dienstlich war. Denn dass die Kontaktpflege zu Verlegern und Schauspielern wie der Darstellerin der hannoverschen Tatort-Kommissarin „originär“ zu seinen Aufgaben als Ministerpräsident gehörte, hatte Wulff schon zu Prozessbeginn erklärt. Und wäre der Oktoberfesttrip dienstlich gewesen, so sehen es seine Verteidiger, hätte sich Wulff gar nicht von seinem Freund Groenewold einladen lassen müssen – sondern die Reisekosten über die Staatskanzlei abrechnen können.

Nur mag sich die Furtwängler im Gerichtssaal nicht mehr so genau erinnern, wo erstmals seit dem Prozessauftakt wieder nahezu alle Plätze besetzt sind. Zu sehen kriegen Zuschauer und Presse von ihr dann allerdings wenig: Kaum durch die Saaltür ist sie auch schon am Zeugentisch und setzt sich, mit dem Rücken zu den Zuschauern, den Richtern gegenüber, seitlich vor ihr auf der Anklagebank Wulff. Ein leichtes Lächeln, kein Hallo. Auch sonst gibt es von der Zeugin Furtwängler nicht viel zu hören – wie von so vielen Zeugen vor ihr. Sekretärinnen, Hotelmitarbeiter, oder Leibwächter, alle berufen sich auf ihre Gedächtnislücken.

Dass es „unglaublich voll, dampfig und stickig war“, das weiß Furtwängler noch. Und dass sie „Brezn eh nid essen kann, weil i kein Gluten vertrag“. Was die Wulffs an dem Abend „konsumiert“ haben, kann sie wiederum nicht sagen. Auch ob das Treffen einen freundschaftlichen Hintergrund hatte, erinnert sie nicht. Wer Gastgeber war? Wieder Schulterzucken, Kopfschütteln. Keine Viertelstunde dauert die Befragung, die Staatsanwälten haken gar nicht erst nach.

„Nicht mehr so ganz scharf“, sind auch die Erinnerungen ihres Mannes. Über Medienpolitik habe er mit Wulff gesprochen, weiß Hubert Burda immerhin noch. „Vier, fünf Sätze“ über die anstehende Reform des Rundfunkstaatsvertrags. „Dann wurde es lauter, dann kann man beim Oktoberfest nicht mehr viel reden.“ Unüblich findet er derlei Bierzelt-Verabredungen nicht. „Man ist froh, wenn man mit einem Ministerpräsidenten in lockerer Atmosphäre sprechen kann“, sagt er. „Der Strauß war ja ein Weltmeister darin.“ Nur etwas „norddeutsch“ sei es ihm am Wulff’schen Tisch zugegangen, erinnert der Verleger noch. „Im Süddeutschen stellt man sich ja vor.“

Ob die bruchstückhaften Aussagen wie die der Furtwängler-Burdas Wulff in dem zäh dahin plätschernden Prozess entlasten, könnte sich schon am 19. Dezember zeigen. Dann will das Gericht ein Zwischenfazit ziehen. Dabei könnte es auch um Einstellung des Verfahrens gehen, das offiziell noch bis April angesetzt ist.