15 Jahre Haft für neun tote Babys

Das Landgericht spricht Sabine H. des achtfachen Totschlags schuldig – ihr Verteidiger kündigt Revision an

BERLIN taz/dpa ■ Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat gestern die Mutter der neun toten Babys zur Höchststrafe verurteilt, die auf Totschlag steht: zu 15 Jahren Haft. Das Gericht sah alle angeklagten Taten als erwiesen an.

Sabine H., Mutter von vier Kindern zwischen 2 und 21 Jahren, soll zwischen 1988 und 1998 neun Babys nach der Geburt unversorgt gelassen haben, bis sie starben. Der erste Fall ist nach DDR-Recht verjährt. Die Leichen soll die 40-jährige Zahnarzthelferin in Blumenkübeln vergraben, jahrelang auf dem Balkon ihrer Wohnung in Frankfurt (Oder) und später auf dem Grundstück ihrer Mutter in dem brandenburgischen Dorf Brieskow-Finkenheerd gelagert haben. Im Juli 2005 waren die sterblichen Überreste bei Aufräumarbeiten gefunden worden. Der ehemalige Ehemann der Angeklagten, Vater der mittlerweile erwachsenen drei Kinder und auch der neun toten Babys, hatte angegeben, weder von den Schwangerschaften noch von den Geburten etwas mitbekommen zu haben. Vor Gericht hatte er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht (taz vom 30. Mai 2006).

Die Forderungen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung in ihren Plädoyers lagen sehr weit auseinander: Die Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen achtfachen Mordes gefordert, die Verteidigung dreieinhalb Jahre Haft wegen Totschlags in einem minder schweren Fall. Unstrittig ist für den Anwalt „die moralische Schuld“ seiner Mandantin, doch die Beweisaufnahme habe nicht klären können, ob die Kinder lebend oder tot geboren wurden. Die Kammer ist aber überzeugt, dass die Babys lebend zur Welt kamen. Der Anwalt kündigte Revision an. WAHN