Der große Außenseiter

VERKANNT Die Freie Akademie der Künste würdigt den Autor Hans Henny Jahnn

Literarisch war Hanns Henny Jahnn, 1894 in Stellingen geboren, ein Außenseiter: Seine sprachmächtig-expressiven, aber auch überaus eigenwilligen, ja: sperrigen Dramen und Romane umkreisten das Dilemma einer schönen und zugleich grausamen Natur und die Destruktivität des Menschen. Bei den Zeitgenossen riefen sie zumeist heftige Kritik hervor, nicht zuletzt wegen Jahnns Auseinandersetzung mit Themen wie Verstümmelung, Selbstmord, Homosexualität oder Inzest. Andererseits lobten Schriftstellerkollegen wie Thomas Mann und Robert Musil Jahnns kühn konstruierten Romane „Perrudja“ und „Fluß ohne Ufer“.

1919 gründete der überzeugte Pazifist gemeinsam mit seiner großen Liebe Gottlieb Harms die neuheidnische Glaubensgemeinschaft Ugrino, wollte „gewaltige Kultstätten“ errichten. Jahnn züchtete Pferde, verlegte Musik, engagierte sich als Orgelreformer und politischer Publizist. Im April 1933 ging Jahnn nach Dänemark, verbrachte die Zeit des Nationalsozialismus überwiegend auf Bornholm. 1950 kehrte er nach Hamburg zurück, setzte sich gegen die Entwicklung von Atombomben und die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik ein. Bis 1959 war Jahnn schließlich Initiator und Gründungspräsident der Freien Akademie der Künste in Hamburg.

Eben die bietet nun Gelegenheit, den heute fast vergessenen Literatur-Außenseiter kennenzulernen: Unlängst hat die Staats- und Universitätsbibliothek von Hanns Henny Jahnns Tochter Signe Trede-Jahnn Hunderte von Dokumenten aus dem Nachlass des Schriftstellers erworben, vor allem aus der Zeit auf Bornholm. Eine Auswahl daraus liest nun der Schauspieler Siegfried Kernen. Einblick in den Jahnn’schen Nachlass bietet Jan Bürger, bis 1997 Mitarbeiter der „Arbeitsstelle Hans Henny Jahnn“ an der Universität Hamburg sowie Mitherausgeber der Briefe Hans Henny Jahnns und des Briefwechsels zwischen Jahnn und dem Schriftsteller Ernst Kreuder. Er spricht mit Akademie-Präsident Ulrich Greiner Einblick.  ROBERT MATTHIES

■ Montag, 9. Dezember, 19 Uhr, Freie Akademie der Künste