Die proaktive Kommission

Freihandel ist gut für alle, so die Begleitmusik, die derzeit zu den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und Europa gespielt wird. Doch der Einsicht ihrer Bürger traut die Europäische Kommission (Foto) nicht recht. Wie durch die NGO Corporate Europe Observatory bekannt wurde, will die Kommission mit einer kommunikationspolitischen Offensive die Deutungshoheit in der Sache erringen. Sie rief Vertreter aller EU-Staaten zusammen, um sie auf Linie zu bringen. Ziel ist „proaktive Kommunikation“ und Präsenz auf allen Medienkanälen. So will man davon überzeugen, dass das TTIP eine Initiative sei, die „Wachstum und Arbeitsplätze fördern will […], und kein Versuch, Regulierungen und Standards im Bereich Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz zu unterlaufen“.

Aber es ist bereits durchgesickert, dass es vor allem um den Abbau zollfremder Handelshemmnisse geht, also von Vorschriften in den Bereichen Finanzmärkte, Arznei- und Nahrungsmittelproduktion, Datensicherheit, Umwelt- oder Bildungspolitik. „Es geht nicht nur um ein weiteres Freihandelsabkommen. Das Ausmaß ist größer, weitreichender und möglicherweise tiefer“, schreibt die Kommission freimütig in ihrem Papier.

So sollen Unternehmen, die ihre Profitmöglichkeiten wegen staatlicher Vorschriften geschmälert sehen, Regierungen künftig auf Schadenersatz verklagen können. Auch deswegen finden die Verhandlungen über das TTIP ohne die Öffentlichkeit statt.

1998 scheiterte ein ähnliches Projekt, das Multilaterale Investitionsabkommen. Als herauskam, was verhandelt wurde, war die Zivilgesellschaft nicht mehr vom Wohl des Freihandels zu überzeugen – allen Lobbyeinflüssen zum Trotz. EVA VÖLPEL