Israels Marine tötet vier Palästinenser vor Gazas Küste

BLOCKADE Die EU diskutiert über Hilfe bei der Verbesserung der Versorgung des Gazastreifens

Den Menschen, die seit Jahren unter dem Embargo ausharren müssen, geht es zuallererst um die Reisefreiheit

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Die Küste im nördlichen Gazastreifen kommt nicht zur Ruhe. Vier Palästinenser starben am Montag früh, als israelische Marinesoldaten das Feuer auf sie eröffneten. Die in Taucheranzüge gekleideten Männer befanden sich, laut Armeesprecher, auf dem Weg zu einem Terrorattentat in Israel. Ein fünfter Beteiligter wurde bis zum Nachmittag zunächst noch vermisst.

Dass die Männer Waffen trugen, konnte der Armeesprecher nicht bestätigen. Palästinensischen Informationen zufolge befand sich die Gruppe auf einer Trainingsfahrt, als die Marinesoldaten in der Nähe des Flüchtlingslagers Nuseirath, südlich der Stadt Gaza, das Feuer auf sie eröffneten.

Auf der Suche nach Lösungsmodellen für die Versorgung des Gazastreifens erwägt die EU Hilfe bei der Kontrolle der Importgüter. Die Außenminister von Frankreich und Großbritannien, Bernard Kouchner und William Hague, schlugen vor, für den Gazastreifen bestimmte Schiffslieferungen zu kontrollieren. Das Ziel ist einerseits, Israels Sicherheitsbedürfnissen nachzukommen und den Waffenimport zu stoppen, andererseits, die zivile Versorgung im Gazastreifen zu verbessern. Dabei geht es den Menschen, die seit Jahren unter dem Embargo ausharren müssen, zuallererst um die Reisefreiheit, die damit noch nicht gewährleistet wäre. Ein größeres Warenangebot ist für die meisten zweitrangig.

Gut eine Woche nach den tödlichen Schüssen auf den Hilfskonvoi für Gaza lässt der internationale Druck auf Israel, einer glaubwürdigen und unabhängigen Untersuchungskommission zuzustimmen, nicht nach. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verweigerte grundsätzlich eine Vorladung der beteiligten Soldaten vor eine Untersuchungskomission. Sein Handlungspielraum ist indes beschränkt, wenn ihm an einer Beilegung der diplomatischen Krise gelegen ist. Zur Wahl stehen unter anderem ein binationales Untersuchungsteam mit israelischer und türkischer Beteiligung oder eine israelische Kommission, der ein ausländischer Beobachter zur Seite steht, was offenbar die in Jerusalem präferierte Option ist.

Im Gazastreifen herrschte gestern Trauer über die am Morgen getöteten Palästinenser. Laut Bericht der liberalen Ha’aretz gehörten die Männer den Al-Aksa-Brigaden an, dem militärischen Arm der Fatah. Im Westjordanland legten die Al-Aksa-Brigaden in Absprache mit Israel vor drei Jahren die Waffen nieder. Im Gazastreifen übernahm die Hamas die oft gewaltsame Entwaffnung des politischen Gegners. „Es ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, dass es sich um die Al-Aksa-Brigaden handelt“, erklärte Dr. Hillel Cohen von der Hebräischen Universität in Jerusalem auf telefonische Anfrage. Ein Teil der Fatah-Terrorgruppe stehe heute „der Hamas näher“ als der eigenen Führung, die dem bewaffneten Widerstand abgeschworen hat.