Linkspartei debattiert, ob SPD-Kandidat wählbar ist

BUNDESPRÄSIDENT Einige Linke wollen Gauck wählen. Doch zuerst kürt man die eigene Kandidatin

BERLIN taz | Die Linkspartei sucht nach einer Haltung in der Bundespräsidentenfrage. Rot-Grün hatte die Partei mit der Nominierung von Joachim Gauck vor vollendete Tatsachen gestellt. Die erste Reaktion war flügelübergreifend Trotz: Man fühlte sich verständlicherweise von dem rot-grünen Alleingang vorgeführt. Am Dienstag will die Fraktion nun eine eigene Kandidatin präsentieren, die offenbar aus dem Westen stammt. Der Name war bis Redaktionschluss noch nicht bekannt. Klar ist: Sie ist eine Zählkandidatin, die gegen CDU-Mann Christian Wulff und den von SPD und Grünen unterstützten Gauck nicht den Hauch einer Chance hat.

Politisch wichtiger ist, wie sich die 125 Wählmanner und frauen in der Bundesversammlung verhalten werden, wenn es für Wulff eng wird. Der Groll gegen Stasi-Aufklärer Gauck sitzt auch bei vielen Pragmatikern im Osten tief. „Wenn wir den wählen, wäre das so, als würden wir dem Afghanistan-Einsatz zustimmen“, so ein Spitzenpolitiker aus dem Osten. Doch andere wägen nüchtern den möglichen Nutzen der Wahl ab. Fraktionsvize Dietmar Bartsch sagte der taz, dass er davon ausgeht, dass Wulff im ersten Wahlgang siegt. Wenn nicht, müsse die Linkspartei „alles tun, damit Wulff nicht Bundespräsident wird“. Dabei gehe es nicht um die Personen Wulff und Gauck, sondern darum, die Ära von Schwarz-Gelb zu verkürzen. „Das ist kein Plädoyer für Herrn Gauck, sondern gegen Schwarz-Gelb“, so Bartsch. Wenn die FDP Wulff scheitern lässt, so die Vermutung, ist die Merkel-Regierung am Ende. Der Pragmatiker Jan Korte betonte der taz gegenüber, dass Gauck sich ebenso wie die Linkspartei erfolgreich für die Aufhebung der NS-Urteile gegen Kriegsverräter engagierte.

Doch so kühl sehen es nicht alle Genossen. Parteichefin Gesine Lötzsch erklärte am Montag: „Gauck ist für uns nicht wählbar.“ Sie zeigte sich nach wie vor brüskiert über das rot-grüne Verfahren und betonte, dass wir „keine Partei zweiter Klasse sind“. Entscheidend sei Gaucks Haltung zu Frieden und sozialer Gerechtigkeit. Und da habe man von ihm noch nichts Wesentliches gehört. Das könnte sich ändern. Offenbar will die Linksfraktion auch Gauck zu einem Gespräch einladen. STEFAN REINECKE

Dietmar Bartschs Devise: „Alles tun, damit Wulff nicht Bundespräsident wird“