„Unternehmer motivieren“

Umweltschutz macht wettbewerbsfähiger: Durch Investitionen in die effiziente Nutzung von Ressourcen können Unternehmen viel Geld sparen, sagt Peter Jahns von der Effizienz-Agentur NRW

INTERVIEW SUSANNE GANNOTT

taz: Herr Jahns, die Effizienz-Agentur soll kleinen und mittleren Unternehmen in NRW helfen, die so genannte Ressourceneffizienz zu steigern. Was genau bedeutet das?

Peter Jahns: Ressourceneffizienz bedeutet, bei gleicher Produktmenge den Verbrauch von Ressourcen wie Wasser, Strom, Material zu reduzieren und gleichzeitig auch die Abfallmengen zu reduzieren. So dass man den gleichen Output hat mit weniger Input.

Wie können Sie konkret einer Firma helfen dabei?

Große Unternehmen wie Henkel oder Thyssen-Krupp machen so was schon seit Jahren und haben dafür einen ganzen Stab von Fachingenieuren im Bereich Umwelt- und Produktionstechnik. Kleinere und mittlere Unternehmen haben diese Personalressourcen nicht und auch nicht dieses Wissen. So dass wir von der Effizienz-Agentur vom NRW-Umweltministeriums 1998 gegründet worden sind, um diesen Unternehmen die Möglichkeit aufzuzeigen, dass da überhaupt eine Perspektive ist, umweltorientiert zu denken – und dabei sogar Kosten zu senken. Weil meistens Umweltschutz immer noch mit Mehrkosten verbunden wird. Was in der Vergangenheit ja auch immer so war. Der nachsorgende Umweltschutz kostete immer mehr: Man musste einen Filter kaufen zur Abgasreinigung, der Filter musste betrieben werden und die Abfallstoffe mussten entsorgt werden. Das waren drei Kostenfaktoren, die das Produkt immer verteuert haben. Aber mit dem integrierten Umweltschutz in der Produktion kann man durch geschickte Prozessführung und durch Auswahl spezieller Stoffe, die umweltverträglicher sind oder weniger Abfall erzeugen, die Effizienz erhöhen. Man kann durch nachwachsende Rohstoffe den Verbrauch endlicher Ressourcen verringern. Und wir als Effizienz-Agentur zeigen den Unternehmern diese Möglichkeiten auf und wie er sie – meistens mit einem externen Berater – in Anwendung zu bringen. Uns ist es wichtig, nicht nur zu zeigen, da gibt es was, sondern auch zu zeigen, das kannst du auch machen. Das ist eine andere Art von Umweltpolitik: Nicht den Unternehmer durch Gesetze zu verpflichten, sondern ihn motivieren, indem man seinen unternehmerischen Ehrgeiz weckt, Kosten zu sparen.

Nach dem Motto, Umweltschutz macht die Sache billiger und man kann mehr Profit machen?

Genau. Dass man dadurch wettbewerbsfähiger wird. Bisher war ja Umweltschutz immer so: Wegen der Mehrkosten litt die Wettbewerbsfähigkeit, so dass der Unternehmer gesagt hat, dann verlagere ich lieber die Produktion ins Ausland, wo nicht so hohe Umweltstandards herrschen, dann kann ich billiger produzieren. Dabei kann er auch hier, in dem er dem Prinzip der Nachhaltigkeit folgt, gucken, wo er seinen Produktionsprozess verbessern kann.

Aber trotzdem muss eine Firma erst mal investieren in umweltfreundlichere Technik, bevor sie dadurch Geld einspart.

Das ist unterschiedlich. Die Amortisationszeiten von diesen Investitionen liegen zwischen null und fünf Jahren. Bei manchen Maßnahmen rechnet sich das gleich im ersten Jahr. Größere Investitionen, etwa im Wasserbereich, sind von Natur aus länger in der Amortisationszeit, etwa drei bis fünf Jahre. Aber der Mittelständler sagt sich: Im Prinzip senke ich ja die Kosten, sobald ich diese Anlage in Betrieb habe. Und wenn sich das rechnet, dann macht er das auch. Größere Unternehmen sind da manchmal kritischer, weil die sagen, nach 14 Monaten – das sind so konzerninterne Vorgaben bei globalen Unternehmen – muss sich die Ausgabe amortisiert haben, ansonsten machen wir das gar nicht.

Also sind kleine Unternehmen manchmal fortschrittlicher in Sachen Umweltschutz als große ?

Die Entscheidungen sind direkter und kleinere Unternehmen denken manchmal nachhaltiger. Die globalen Unternehmer orientieren sich an der Profitmarge. Der kleine Mittelständler sagt: Ich bin hier Herr im Haus, ich mach das. Und wenn der Chef dahinter steht, geht das wesentlich flotter, als wenn man einen großen Abstimmungsapparat hat mit Aufsichtsrat und so weiter. Weil es kaufmännische Entscheidungen sind, die den Umweltschutz praktizieren, nicht das Erfüllen von irgendwelchen gesetzlichen Vorgaben.

Können Sie mal ein Beispiel nennen, was da für Einsparpotenziale drin sind – etwa für einen kleinen Handwerksbetrieb, eine Tischlerei?

Bei den Handwerksunternehmen ist es ein bisschen unterschiedlich, weil die ja keine kontinuierliche Produktion haben. Wir haben ein Beispiel gehabt, da ging es darum zu gucken, wie die Firma von den Lösemittelfarben wegkommt und auf wasserbasierte Lacke umstellen kann. Um die Lösemitteldämpfe einzusparen und die Behandlung, die dafür erforderlich ist mit einem Aktivkohlefilter. Diese Lösemittel aus den Dämpfen in der Werkstatt rauszuholen ist natürlich bei wasserbasierten Lacken nicht mehr notwendig. Bei dieser Firma hat auch gesehen, dass man den Input von Energie, bei der Heizung zum Beispiel, optimieren kann. Das war ein Thema, wo der Unternehmer gesagt hat, das haben wir immer so gemacht, da habe ich mir nie Gedanken drüber gemacht. Ich habe mir immer Gedanken gemacht, wie kann ich einen schöneren Tisch produzieren, aber nie, was mache ich mit meinen Holzspänen, kann ich die noch intern verwerten.

Ist es denn schon passiert, dass eine Firma, nachdem Sie sie durchgecheckt und Empfehlungen ausgesprochen haben, gesagt hat, das machen wir doch nicht, das ist mir doch zu teuer oder zu kompliziert?

In wenigen Fällen. Rund sieben Prozent haben nach unserem PIUS-Check – PIUS heißt Produktionsintegrierter Umweltschutz – nichts unternommen. Zum Beispiel, wenn während des PIUS-Checks, der dauert ungefähr vier, fünf Monate bis zum Abschlussbericht, ein Gesellschafterwandel stattgefunden hat, das Unternehmen etwa an eine britische Investmentfirma verkauft wurde, die eine andere Unternehmensphilosophie vertritt. Es gab auch mal PIUS-Checks, die nicht verwirklicht wurden, weil erst einmal andere größere Investitionen im Vordergrund standen. Aber dass bei dem Check zu komplexe Lösungen rauskamen, das passiert selten. Es gibt manchmal allerdings Betriebe, etwa aus dem Bereich der Lohnveredelung, der Metallverarbeitung, die sagen, wir haben das qualifizierte Personal nicht, um dieses etwas schwierigere Know-how an die Mitarbeiter zu vermitteln. So dass wir gesehen haben, in solchen Fällen müssten wir eigentlich auch im Bereich der Mitarbeiterweiterbildung Einfluss nehmen, um sie zu qualifizieren.

Sie beraten Firmen ja auch bei der umweltgerechten Gestaltung von Produkten. Ist es schon einmal vorgekommen, dass ein Produkt so umweltschädlich war, dass Sie gesagt haben, das sollte am besten gar nicht produziert werden?

Wir haben zu diesem Thema jetzt die ersten sechs, sieben Betriebsanalysen durchgeführt, aber so etwas ist uns bis jetzt nicht untergekommen. Wir sehen das so, dass der Unternehmer von uns den Hinweis bekommt, was er besser machen könnte. Aber wir haben bisher noch keinen Unternehmer erlebt, der ein Produkt herstellt, was wirtschaftlich und ökologisch keinen Sinn macht, und der trotzdem weiter macht.

Aber wenn das Produkt ökonomisch Sinn macht und trotzdem eine ökologische Katastrophe ist?

Ja, das haben wir auch überlegt mit den Beratern, was dann passiert. Aber wir sind ja hier in Deutschland nicht so groß in diesem Bereichen, etwa kleine Modeartikel, wo es etwa Gimmicks mit unheimlich viel Kunststoff gibt. So etwas wird in Südostasien produziert. Wir haben es hier mehr mit Unternehmen zu tun, die handfeste Sachen herstellen. Und da ist uns noch kein Produkt untergekommen, das eine ökologische Katastrophe ist. Aber wenn wir so etwas hätten, würden wir relativ offen mit dem Unternehmer sprechen. Und wenn der Unternehmer dann trotzdem sagt, ich mache dieses ökologisch sinnlose Produkt weiter, dann haben wir auch ein bisschen versagt, ihm die Augen zu öffnen.