23,6 Prozent für Laschet

Kurz bevor die NRW-CDU ihre Integrationspolitik neu erfinden will, ist es amtlich: Fast ein Viertel der Menschen in NRW haben ausländische Vorfahren. Integrationsminister fühlt sich bestätigt

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Was für eine Vorlage. Am kommenden Wochenende will die CDU NRW beim 4. Reformkongress in Bonn über eine „neue Integrationspolitik für Nordrhein-Westfalen“ diskutieren. Und nur wenige Tage zuvor bestätigt das Statistische Bundesamt, was schon lange durch die Republik geisterte, aber bislang einer Datengrundlage entbehrte: dass Deutschland ein Zuwanderungsland ist. Laut „Mikrozensus 2005“, einer kleinen Volkszählung, deren Ergebnisse am Dienstag veröffentlicht wurden, haben 19 Prozent der Menschen in Deutschland einen so genannten Migrationshintergrund. Für NRW sprechen die Zahlen eine noch deutlichere Sprache. Im größten Bundesland haben 23,6 Prozent der rund 18 Millionen Einwohner ausländische Vorfahren.

Die Zahlen sind Wasser auf die Mühlen von Armin Laschet. „Die neue Statistik bestätigt, dass es richtig war, ein eigenes Integrationsministerium für die neue Landesregierung zu errichten“, sagte der NRW-Integrationsminister und Christdemokrat gestern in Düsseldorf. Die verfeinerte Statistik ermögliche es Integrationsprozesse künftig besser beschreiben und steuern zu können als bisher.

Erst vor kurzem war der Integrationsminister unter seinen Parteifreunden in die Kritik geraten, weil er der Bundesrepublik Versäumnisse bei der Integrationspolitik vorgeworfen hatte. Wolfgang Bosbach, Fraktionsvize der CDU im Bundestag, sagte, Laschet dürfe Deutschland nicht zum Einwanderungsland erklären. Was nun andere für ihn erledigt haben: So sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Johann Hahlen, angesichts der Zahlen könne man „durchaus von einer Zuwanderungsgesellschaft sprechen“. Für den Vorsitzenden des Deutsch-Türkischen Forums in der CDU, Bülent Arslan, reichen die Zahlen allerdings noch nicht aus. Man müsse sie weiter entschlüsseln, schließlich gebe es zig verschiedene Gruppen von Migranten. „Jemand, der aus Frankreich kommt oder den USA, hat einen anderen Status als ein Migrant aus der Türkei“, so Arslan. Dass es nun zu einer deutlichen Wende in der Integrationspolitik kommt, glaubt Arslan nicht.

Mit der Einrichtung eines Integrationsministeriums und Sprachförderung bei kleinen Kindern hatte sich die Landesregierung vor einem Jahr bereits positioniert. Welche Richtung die Partei jetzt einschlagen will, ist ungewiss. Der Reformkongress werde wegweisend sein für die Integrationspolitik in NRW, heißt es bei der CDU. Wo der Weg hinführt, will Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) höchstselbst vorgeben. Bei einer Podiumsdiskussion nimmt neben Laschet auch der als Hardliner berüchtigte bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) Platz. Was zu einem spannenden Schlagabtausch führen könnte: Auch mit Beckstein hat sich Laschet schon Scharmützel geliefert.