Las Vegas liegt demnächst im Norden

GELDSPIELE Die schleswig-holsteinischen Regierungsfraktionen drohen damit, den Glücksspielstaatsvertrag der Länder zu kündigen, falls es beim bisherigen staatlichen Monopol bleibt

„Wenn keiner mitmacht, ziehen wir das auch alleine durch“

CDU-FRAKTIONSCHEF VON BOETTICHER

Schleswig-Holstein will notfalls im Alleingang Glücksspiele auch für private Anbieter öffnen. Die beiden Regierungsfraktionen CDU und FDP drohten am Mittwoch mit dem einseitigen Ausstieg aus dem Glücksspielstaatsvertrag der Länder, falls es beim bisherigen staatlichen Monopol bleibt. Wenn die anderen Bundesländer nicht mitmachten, „ziehen wir das auch alleine durch“, kündigte CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher an. Ähnlich äußerte sich sein FDP-Kollege Wolfgang Kubicki.

In einem von beiden vorgelegten Entwurf für einen neuen Staatsvertrag werden unter anderem die Legalisierung von Online-Casino-Spielen und Sportwetten im Internet sowie die Lockerung von Werbebeschränkungen verlangt. Es gehe ihnen vor allem darum, diese nur noch auf dem Schwarzmarkt möglichen Geldspiele besser kontrollieren zu können. 94 Prozent des Marktanteils entfielen inzwischen auf unregulierte Anbieter vor allem im Ausland. Deshalb sei die Gefahr von kriminellen Machenschaften groß.

Nach Ansicht der beiden Fraktionschefs ist der seit 2008 geltende Staatsvertrag in allen wichtigen Zielen gescheitert. So sei das Suchtpotenzial besonders bei Benutzern von Spielautomaten gestiegen. Durch den florierenden Schwarzmarkt werde den Bundesländern zudem ein erheblicher Teil der Einnahmen entzogen. Der den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgende Glücksspielstaatsvertrag läuft Ende 2011 aus, wenn nicht mindestens 13 Bundesländer die Verlängerung beschließen. Eine Arbeitsgruppe der Länder will im September über das weitere Vorgehen beraten.

Nach Ansicht des Präsidenten der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern, Erwin Horak, muss sich die Regierung in Schleswig-Holstein fragen lassen, ob sie „aus ihrem Land wirklich ein Las Vegas“ machen will. Kiel verzichte bei einem solchen Alleingang auf die dem Land zustehende Abgabenquote von etwa 40 Prozent bei den Lotto-Einnahmen.  (dpa)