Die Begegnung mit der Kolonialmacht

Angola trifft morgen auf Portugal – für die Afrikaner ist das Duell aber angeblich nicht mehr als ein Freundschaftsspiel

CELLE taz ■ Zwei Millionen Menschen feierten auf den Straßen der angolanischen Hauptstadt Luanda, als sich die Fußballer für die Weltmeisterschaft qualifizierten. Noch mehr könnten es werden, wenn der WM-Debütant im ersten Spiel tatsächlich auch noch Portugal besiegen sollte. „Das ist ein ganz besonderes Spiel“, sagt der Stürmer mit dem schönen Namen Love im Quartier in Celle.

Portugal war fast 400 Jahre lang Kolonialmacht im südwestafrikanischen Land. Es gab blutige Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Eroberern, heute ist Portugiesisch Amtssprache, auch Bräuche und Kultur sind stark geprägt von den Europäern.

Wie ein Duell „Stiefvater gegen Stiefsohn“ sei die Begegnung, sagt ein Betreuer der Mannschaft. Akwa, Star der Angolaner und Schütze der entscheidenden Tore in der Qualifikation, wünscht den Portugiesen eigentlich nur das Beste. „Wenn ich mir aussuchen könnte, wer in unserer Gruppe weiterkommt, dann würde ich Portugal und uns nehmen“, sagt er.

Pedro Mantorras, Stürmer von Benfica Lissabon, kündigt gar an, er werde „nicht jubeln“, wenn ihm ein Tor gelänge. „Portugal ist meine zweite Heimat“, sagt der 24-Jährige. Er hat mit 16 Jahren beide Eltern in dem fast 30 Jahre währenden und 2002 beendeten Bürgerkrieg verloren. Mantorras ist der bekannteste Fußballer des Landes, der Einzige im Kader, der schon einmal in der Champions League gespielt hat. Die meisten seiner Kollegen rennen in unterklassigen Ligen oder in der angolanischen Heimat.

Sechs Spieler des angolanischen Teams sind in Portugal aufgewachsen. Das Verhältnis hat also viele freundliche Seiten.

Ein ganz anderer Eindruck entstand hingegen 2001, bei einer von zwei Begegnungen zwischen den beiden Nationen nach Ende des Bürgerkrieges. Das Spiel dauerte nur 70 Minuten und wurde beim Stand von 1:5 abgebrochen. Die Angolaner waren schon nach 47 Sekunden in Führung gegangen, doch ihre harte Spielweise und ein exzentrisch pfeifender Schiedsrichter produzierten schon in den ersten 30 Minuten drei Platzverweise. Nach 63 Minuten wurde dann noch ein vierter Angolaner des Feldes verwiesen, danach war der Wille der Afrikaner gebrochen. Als ein weiterer Angolaner mit einer Verletzung ausscheiden musste und kein Ersatz mehr eingewechselt werden konnte, musste das Spiel angesichts von nur sechs verbliebenen Angolanern abgebrochen werden – das schreibt die Regel vor.

Danach wurden in Lissabon Sitze aus der Verankerung gerissen, aufs Spielfeld geworfen und Autos demoliert. In Köln hingegen wird am Sonntag ein Angola-Portugal-Festival mit Musik und Tanz aus beiden Ländern stattfinden, es soll ein Fest der Freundschaft werden. Stiefvater-Stiefsohn-Verhältnisse sind eben manchmal rätselhaft. DAT