Militärisch stark, politisch fatal

GAZA Die Deutsch-Israelische Gesellschaft lud zur Diskussion über den Militäreinsatz gegen die Gaza-Hilfsflotte und die internationalen Reaktionen

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) lud ein, rund 40 Interessierte kamen am Dienstag in die Jüdische Gemeinde, um über die Situation nach der Kaperung der kleinen Solidaritätsflotte zu diskutieren. Obwohl der Vorsitzende Hermann Kuhn regelrecht dazu aufforderte, das Thema kontrovers zu diskutieren, war man sich doch weitgehend einig.

Jedenfalls darüber, dass da einige naive Anhänger der Linkspartei sich vor den Karren der radikal-islamistischen IHH haben spannen lassen und gemeinsam mit Leuten, die vom Verfassungsschutz als „rechtsradikale“ Islamisten betrachtet werden, die See-Blockade vor Gaza durchbrechen wollten.

Da die Vorstellung von dem allwissenden israelischen Geheimdienst Mossad sehr tief sitze, könne man sich kaum vorstellen, wie wenig die israelischen Soldaten über die türkischen Mitfahrer auf dem Schiff wussten, erklärte Kuhn – anders sei nicht erklärlich, dass sie sich zunächst weitgehend unbewaffnet dort abseilten. Israel sei auch politisch-diplomatisch auf eine derartige Propagandaaktion nicht vorbereitet gewesen, und das Medienecho der Welt sei eben katastrophal für Israel. Dass bei dem Versuch, die von türkischen Extremisten gefangenen israelischen Soldaten zu befreien, neun Menschen auf dem Schiff starben, sei „tragisch“, meinte Kuhn. Allerdings hätten die Organisatoren der Aktion „Free Gaza“ es abgelehnt, die Ladung in einem israelischen Hafen löschen zu lassen – und so die Konfrontation gesucht.

Insgesamt, so ein Teilnehmer der Diskussion, seien die Schiffe nicht einmal halb voll mit Hilfsgütern beladen gewesen, dieser Aspekt der Aktion sei vernachlässigenswert im Vergleich zu den erheblichen Nahrungsmittellieferungen, die direkt aus Israel in den Gaza-Streifen gingen. Hunger müsse da niemand leiden, die „Blockade“ beziehe sich allein auf Waffenlieferungen und, so Kuhn, sei ja auch begonnen worden, seitdem aus dem Gaza-Streifen immer wieder Raketen auf israelisches Gebiet geschossen wurden. Auch Ägypten habe keine offene Grenze zum Gazastreifen, betonte Kuhn.

Der Pfarrer Martin Pühn erinnerte an den wachsenden Antisemitismus, den der Autor Hendryk Broder mit dem Satz charakterisiert, in Deutschland würde nach wie vor nur der toten Juden als guter Juden gedacht. Möglicherweise würden die Sympathien mit Israel wieder stärker, wenn sie nicht aus einer Position der Stärke agierten, sondern Opfer in der Auseinandersetzung würden, meinte Kuhn.

Die Versammlung teilte die „Bestürzung“, die der gerade aus der DIG ausgetretene Cornelius Noack formuliert hatte, dass nämlich die Regierung Israels „das Land in eine Lage treibt, in der das Zustandekommen eines für das Land überlebenswichtigen Friedens mit seinen Nachbarn immer aussichtsloser“ wird. Dass die Aufbringung der „Mavi Marmara“ außerhalb der 12-Meilen-Zone passierte, wurde dagegen nicht skandalisiert als Verstoß gegen internationales Recht, sondern eher verständnisvoll kommentiert vor dem Hintergrund, dass die Hamas aus dem Gaza auch ohne offizielle Kriegserklärung Krieg führe gegen den Staat Israel. kawe